Statt Verwahrung die Haftentlassung

Das Obergericht des Kantons Aargau hat einem Mann die Haftentlassung verweigert, der sich im vorzeitigen Strafvollzug befunden hatte und dessen Strafe im Mai 2017 verbüsst wäre (BGE 6B_73/2017 vom 16.02.2017, Publikation in der AS vorgesehen). Die Staatsanwaltschaft hatte die Verwahrung beantragt, womit sie aber bereits vor Obergericht abgeblitzt war (dazu BGer 6B_1203/2016 vom 16.02.2017).

Unter Berufung auch auf den EGMR (Huber v. Switzerland vom 23. Oktober 1990, Verfahren 12794/87) gilt nun nach Bundesgericht folgendes Regime:

Reicht die beschuldigte Person, die vorzeitig die Strafe angetreten hat, ein Haftentlassungsgesuch ein, ist unbestritten, dass ein weiterer Freiheitsentzug nur gerechtfertigt ist, wenn nach den massgebenden Bestimmungen der Strafprozessordnung die Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft gegeben sind. Mit ihrem Haftentlassungsgesuch bringt sie aber auch klar zum Ausdruck, dass sie nicht nur die materiellen Voraussetzungen der Haft bestreitet, sondern im Hinblick auf einen allfälligen weiteren Freiheitsentzug nicht mehr länger auf die ihr nach der Strafprozessordnung zustehenden Verfahrensgarantien verzichtet. Mit einer blossen Abweisung des Haftentlassungsgesuchs im Rahmen eines mehr oder weniger formlosen Verfahrens – wie im vorliegenden Fall etwa durch das Bezirksgericht und das Obergericht im Rahmen des Sachurteils – kann es deshalb nicht sein Bewenden haben. Vielmehr hat die mit der Behandlung des Haftentlassungsgesuchs befasste Behörde nach den für die Haftprüfung geltenden Verfahrensregeln zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft nach wie vor gegeben sind. Verneint sie diese, hat sie die Haftentlassung zu verfügen. Bejaht sie die Voraussetzungen, hat sie formell die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft anzuordnen, da nur so die zur Begründung eines rechtmässigen Freiheitsentzugs bestehenden Garantien eingehalten werden können. Der Vollzugsort bleibt davon grundsätzlich unberührt, da auch die Untersuchungs- und Sicherheitshaft in einer Vollzugsanstalt vollzogen werden können (E. 2.3)..

Für die Öffentlichkeit interessanter ist, dass das Bundesgericht die Vorinstanz geschützt hat, soweit sie die beantragte Verwahrung verworfen hatte (vgl. dazu auch die Medienmitteilung des Bundesgerichts).