Strafantrag als Verteidigungshandlung

Wenn ein amtlich verteidigter Beschuldigter gegen den Geschädigten Strafantrag einreicht, dehnt sich die amtliche Verteidigung nicht auf das Verfahren gegen den Geschädigten aus, und zwar auch dann nicht, wenn die beiden Verfahren in engem Zusammenhang stehen. Gemäss Bundesgericht besteht dafür keine gesetzliche Grundlage (BGer 1B_196/2014 vom 08.07.2014):

Die amtliche Verteidigung, ja die Verteidigung überhaupt, bezieht sich ausschliesslich auf jenes Verfahren, in welchem der Betroffene beschuldigt ist (vgl. Art. 128 ff. StPO). Auch ein enger Zusammenhang, wie ihn der Beschwerdeführer geltend macht, rechtfertigt es nicht, die amtliche Verteidigung quasi im Sinne der unentgeltlichen Rechtspflege auf andere Verfahren zu übertragen. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Auch kann Rechtsanwalt Hediger nicht als Rechtsbeistand im Rahmen einer unentgeltlichen Rechtspflege für die Privatklägerschaft, welche gemäss Art. 136 ff. StPO für die Durchsetzung derer Zivilansprüche vorgesehen ist, qualifiziert werden. Dies hat der Beschwerdeführer bisher nicht beantragt (E. 3.2).

Das erscheint zwar auf den ersten Blick als völlig klar. Das Argument des Beschwerdeführers finde ich aber dennoch nicht uninteressant. Dieses ist dem Entscheid wie folgt zu entnehmen:

Im Strafverfahren gegen ihn selbst sei Rechtsanwalt X. ab dem 3. Juli 2012 als amtlicher Verteidiger eingesetzt worden. Rechtsanwalt X. habe in dieser Funktion gegen B. Strafanzeige wegen falscher Zeugenaussage eingereicht. Dieser habe ihn nämlich zu Unrecht der Drohung bezichtigt. Würde B. nun verurteilt, müsste er selbst in Bezug auf die ihm vorgeworfene Drohung freigesprochen werden. Dieser Zusammenhang gebiete es, dass sein amtlicher Verteidiger ihn auch im vorliegenden Verfahren als solcher vertreten dürfe.

Angriff ist manchmal die beste Verteidigung. Wieso soll dieser nicht mit Unterstützung des amtlichen Verteidigers geführt werden können?