Strafbare dreistündige Schnupperlehre?
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich kämpfte bis vor Bundesgericht dafür, dass der Geschäftsführer eines Restaurant dafür bestraft wird, dass er einen Asylbewerber an zwei Tagen über die Mittagszeit während je maximal 90 Minuten in der Küche probeweise und unentgeltlich arbeiten liess (Art. 117 Abs. 1 AuG). Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft ab (BGE 6B_277/2011 vom 03.11.2011; Publikation in der AS vorgesehen).
Das Bundesgericht knüpft seinen Entscheid an den verbindlich festgestellten Sachverhalt der Vorinstanz:
Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hatte am 17. August 2009 das Bewerbungsgespräch stattgefunden. Der Beschwerdegegner wollte mit dem rund dreistündigen Einsatz von B. abklären, ob sich dieser für die zu besetzende Stelle eignen würde. Er hatte demnach noch keinen Entscheid über die Anstellung getroffen (E. 1.4).
Eine solche Evaluation sei keine Beschäftigung im Sinne von Art. 117 Abs. 1 AuG. Das Verhalten des Geschäftsführers sei im Übrigen auch nicht sanktionswürdig:
Zudem erscheint die für beide Parteien unverbindliche Teilnahme an einem Evaluationsverfahren nicht sanktionswürdig. Einem effektiven Stellenantritt gehen in aller Regel eine Vertragsanbahnung (Stellenausschreibung, Auswahlverfahren usw.) und der Abschluss des (Arbeits-) Vertrages voraus. Dass ein ausländischer Bewerber bereits für das Auswahlverfahren und vor dem Vertragsabschluss über eine Arbeitsbewilligung im Sinne von Art. 18 ff. AuG verfügen müsste, ist nicht plausibel geschweige denn praktikabel. Eine Integration in den Arbeitsmarkt ist in diesem Augenblick nicht erfolgt (E. 1.5.3).
Die weiteren Befürchtungen der Oberstaatsanwaltschaft um den schweizerischen Arbeitsmarkt erweisen sich gemäss Bundesgericht ebenfalls als unbegründet:
Die fragliche Tätigkeit hat den Schweizer Arbeitsmarkt nicht unterwandert. Die Bestimmungen des Ausländergesetzes und der entsprechenden Verordnungen verhindern, dass neu einreisende Ausländer die inländischen Arbeitskräfte in unerwünschtem Mass konkurrieren. Soweit die Beschwerdeführerin eine Benachteiligung von Mitbewerbern geltend macht, ist ihre Befürchtung deshalb unbegründet. Schliesslich macht es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin mit Blick auf den Arbeitsmarkt durchaus einen Unterschied, ob die Anstellung eines ausländischen Bewerbers nicht zu Stande kommt oder bei bestehendem Arbeitsvertrag (während oder nach Ablauf der Probezeit im Sinne von Art. 335b Abs. 1 OR) gekündigt wird (E. 1.5.2).
Am Ende fasst das Bundesgericht wie folgt zusammen:
Indem der Beschwerdegegner B. im Rahmen eines Rekrutierungsprozesses und vor Abschluss eines Arbeitsvertrages probeweise während rund drei Stunden in der Küche seines von ihm geführten Restaurants arbeiten liess, hat er ihn nicht im Sinne von Art. 117 AuG beschäftigt. Daran ändert die von der Beschwerdeführerin angeführte Beweisproblematik nichts. Ob die Schwarzarbeit dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer nachgewiesen werden kann, ist eine Frage der Beweiserhebung und Beweiswürdigung (E. 1.5.3).
Ich kenne mich im Ausländerrecht zu wenig gut aus um zu erkennen, wieso dieser Entscheid publiziert werden soll.
Wohl weil es da es auch andere Auffassungen gibt. So hat das Obergericht des Kt. Bern ausgeführt:
Der Begriff der Erwerbstätigkeit ist im ausländerrechtlichen Kontext auszulegen. Der Angeschuldigte hat die beiden Ausländer nur für wenige Stunden beschäftigt und sie haben dafür kein Entgelt erhalten. Diese Umstände ändern nichts daran, dass es sich um eine Erwerbstätigkeit gehandelt hat. Die Beiden leisteten nicht bloss eine Handreichung, sondern dienten direkt dem Exportgeschäft des Angeschuldigten. Dieser konnte sich durch den Einsatz der beiden Asylbewerber Lohnkosten sparen. Sein Vorbringen, er habe nicht gewusst, dass das Arbeitsverbot in der Schweiz so weit gehe, schützt ihn im subjektiven Tatbestand nicht.
Dieses Urteil finden Interessierte unter: http://www.justice.be.ch/justice/de/index/entscheide/entscheide_rechtsprechung/entscheide/strafabteilung_obergericht.html
Gruss
Danke für den Hinweis. Aus dem angegebenen Entscheid, dem Interessierte folgende Erwägung entnehmen können:
Alles klar?
Als juristischer Laie, welcher meint formale Logik zu beherrschen, würde ich “Erwerbstätigkeit” strikt auf Fälle beschränken, wo tatsächlich ein Erwerb (also Lohnzahlung oder anderweitige Zuwendung) stattfand.
Wer wie im zit. bernischen Urteil jegliche Tätigkeit welche üblicherweise nur gegen Entschädigung geleistet wird erfassen will, müsste dies imho im betr. Gesetz ausdrücklich so stipulieren.
Der Hinweis, dass es sich nicht um einen Freundschaftsdienst handelte und dass durch die Tätigkeit der Asylbewerber Lohnkosten gespart wurden, ist nicht stichhaltig. Schlicht falsch ist die gerichtliche Behauptung, dass der Unternehmer weniger Gewinn gehabt hätte wenn er diese Arbeit selber ausgeführt hätte.
Also Irgendeiner:
Solche Leute wie du sollten Richter werden!
Eines der Probleme bei den heutigen Richtern ist übertriebener Formalismus (zu Ungunsten des Beschwerdeführers), bzw verdrehte Interpretation des Wortlautes und Sinnes eines Gesetzes.
Solche Leute wie “irgendeiner” sind wohl auch Richter; (ohne jemandem zu nahe treten zu wollen:) die Anforderungen an das Richteramt sind nicht besonders hoch – jedenfalls bei nebenamtlichen Richterstellen…
Ich finde es gibt in der Schweiz eher zu wenig Formalismus bzw. Gesetzestreue als zu viel; insbesondere auf kommunaler Ebene läuft wohl vieles am Gesetz vorbei. Und verdrehte Interpretation des Wortlautes kann ich im vorliegenden Fall auch nicht erkennen; der Wortlaut ist klar.