Strafbare Verletzung der Anzeigepflicht nach Art. 725/II OR

Das Bundesgericht hält an seiner strengen Rechtsprechung zur strafbaren Misswirtschaft fest (BGer 6B_492/2009 vom 18.01.2010). Danach macht sich strafbar, wer als Verwaltungsrat einer Gesellschaft die Anzeige nach Art. 725 Abs. 2 OR zu lange unterlässt. Ein kurzes Aufschieben der Anzeige bis zu maximal 60 Tagen ist möglich, wenn

die dauerhafte finanzielle Gesundung der Gesellschaft erwartet und deren Ertragskraft wiederhergestellt werden. Sind erhebliche Zweifel an den Erfolgsaussichten der Sanierung angebracht oder ist diese für die Gläubiger mit einem erhöhten Risiko verbunden, hat der Verwaltungsrat den Richter zu benachrichtigen. Übertriebene Erwartungen oder vage Hoffnungen reichen nicht aus (BGE 127 IV 110 E. 5a S. 113; Urteil 4C.366/2000 vom 19. Juni 2001 E. 4b)  (E. 2.2).

Ich möchte ja nicht wissen, wie viele VR-Mitglieder bzw. Organe anderer Gesellschaftsformen sich täglich der Misswirtschaft schuldig machen. Ein möglicher Ausweg bietet am ehesten noch die erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Vermögenseinbusse und „Bankrotthandlung“. Der mangelnde Kausalzusammenhang wurde auch im vorliegenden Fall gerügt, vom Bundesgericht aber förmlich vom Tisch gewischt:

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Vorinstanz äussere sich nicht zum Kausalzusammenhang, ist seine Rüge unbegründet. Im Übrigen legt er nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz von einem bundesrechtswidrigen Begriff der Kausalität ausgeht (E. 2.3.1).

Für die Verteidigung bietet der Fall Anschauungsunterricht dafür, dass man sich bei so offen formulierten Tatbeständen wie demjenigen von Art. 165 StGB tunlichst auf den Sachverhalt konzentriert, und dies vorzugsweise nicht erst im Rechtsmittelverfahren.