Strafbarer Blog-Beitrag
Im Kanton VS ist ein Blogger wegen Nichtverhinderung einer strafbaren Veröffentlichung (Art 322bis StGB) verurteilt worden (s. auch hier). Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung in einem neuen Leitentscheid (BGE 6B_1033/2023 vom 08.07.2024, Publikation in der AS vorgesehen). Es prüft die einzelnen Tatbestandsmerkmale systematisch durch. Ich verweise auf die ausführliche Begründung.
Mein Französisch war nie besonders gut… aber so verstehe ich das: Beschuldigter macht geltend, dass er ein BGer-Urteil falsch verstanden hätte bzw. das Wort “soustraction” in einem mathematischen (und nicht rechtlichen) Terminus interpretiert hätte und darüber in einem Blog-Beitrag berichtet habe. Zusammenfassend macht das Bundesgericht geltend, dass der Rechtskundige (emeritierter Universitätsprofessor) sich des (rechtlichen) Begriffes “Steuerhinterziehung” (strafbare Handlung) bewusst sein muss, als er jemanden dessen (öffentlich) bezichtigt hat.
Ich hoffe, Herr Staatsanwalt Benjamin Ambühl, dass Sie hier sorgfältig das Urteil studieren 😉 Er ist nämlich der Meinung, dass “Sachverhaltsfeststellungen – wie ob etwas eine Straftat ist – allein der Staatsanwaltschaft obliegen”, deshalb der Beschuldigte nicht erwägen müsste, ob seine Handlung strafbar wäre, obwohl es sich beim Beschuldigten um einen Rechtskundigen handelt.
Was ich am Urteil nicht ganz verstehe, ist, dass das BGer sagt, dass es keine Berufungsinstanz ist und deshalb in der “Natur der Sache” nicht ohne Weiteres entscheiden kann, sondern an die Urteile der Vorinstanz gebunden ist, jedoch hätte der Beschwerdeführer die Verletzung der EMRK rügen können (Pressefreiheit, Meinungsfreiheit etc.) und da hätte sich das BGer doch in der Sache selbst auch entscheiden dürfen?