Strafbarer Gemeingebrauch
Wer an einer unbewilligten Demonstration teilnimmt, kann wegen der über den Gemeingebrauch hinausgehenden Benützung des öffentlichen Grundes ohne Bewilligung im Sinne von Art. 31 der Allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Winterthur vom 26. April 2004 (APV) in Verbindung mit Art. 52 APV sowie Art. 2 Abs. 1 und Art. 32 der Vorschriften der Stadt Winterthur über die Benützung des öffentlichen Grundes zu Sonderzwecken vom 8. Juni 1979 (VBöGS) verurteilt werden.
Die gegen die Verurteilung vorgetragenen Rügen, die mich persönlich überzeugen, verwirft das Bundesgericht allesamt (BGer 6B_967/2015 vom 22.04.2016), teilweise mit etwas gesucht anmutender Begründung:
Die Vorinstanz erwägt, dass im Anklagesachverhalt von einer unbewilligten Demonstration die Rede sei, womit feststehe, dass für diese die Einholung einer Bewilligung notwendig gewesen wäre und eine solche zum Zeitpunkt der Durchführung nicht vorgelegen habe (Urteil, S. 6 f.). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern diese vorinstanzlichen Erwägungen unzutreffend sein sollen. Die Beschwerde genügt in diesem Punkt den Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Ob eine Demonstration einen gesteigerten Gemeingebrauch darstellt, ist eine Rechtsfrage und braucht daher nicht in der Anklageschrift erwähnt zu werden. Die Rüge ist unbegründet (E. 3.3).
Zumindest gewagt erscheint mir die Begründung der Zulässigkeit der präventiven Überwachung:
An der Kundgebung vom 21. September 2013 kam es zu massiven Ausschreitungen. Ex ante war daher auch am 19. Oktober 2013 mit Ausschreitungen zu rechnen. Die Überwachung war dazu geeignet, die nachträgliche Ahndung allfälliger Gewaltdelikte zu erleichtern und primär darauf ausgerichtet. Davon, dass die Videoaufzeichnungen mit dem einzigen Zweck erfolgten, möglichst viele Personen wegen der Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration zu bestrafen, kann – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – keine Rede sein. Inwiefern die Überwachung nicht erforderlich gewesen sein soll, um den primär angestrebten Erfolg (die nachträgliche Verfolgung von erneuten Ausschreitungen) zu erreichen, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Mildere Massnahmen sind auch nicht erkennbar. Eine Auflösung der [Anmerkung von mir: nicht bewilligten] Kundgebung hätte einen noch schwereren Eingriff in die Grundrechte der Teilnehmenden dargestellt und bei einem unverdeckten Polizeieinsatz wäre – wie bereits am 21. September 2013 – mit erneuten Tumulten zu rechnen gewesen. Das öffentliche Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung im Falle von Gewalttätigkeiten wiegt schwerer als dasjenige des Beschwerdeführers, anlässlich einer Demonstration nicht gefilmt zu werden. Die Erstellung der Videoaufnahmen war verhältnismässig und somit zulässig.Mit dem Legalitätsprinzip nicht vereinbar wäre, wenn rechtmässig erstellte Aufnahmen nicht verwendet werden dürften, um allfällige Straftaten (einschliesslich Übertretungen) zu ahnden. Die rechtmässig erstellten Aufnahmen sind selbst dann verwertbar, wenn die Demonstration, entgegen der ursprünglichen Beurteilung, friedlich verlief. Was der Beschwerdeführer diesbezüglich vorbringt, ist unzutreffend (E. 4.4.2, Hervorhebungen durch mich).
Das stellt mein Rechtsverständnis auf den Kopf oder im Jargon und der Begründungstiefe des Bundesgerichtsentscheids: was hier vorgetragen wird, ist unzutreffend.
Für was bezahlt man eigentlich genau Steuern wenn man nicht mal den öffentlichen Grund benützen darf? Naja, whatever…
Dass die Demonstration präventiv überwacht wurde und damit viel Filmmaterial angefallen ist, ist eine Sache. Die Demo blieb friedlich. Dennoch wurde in sehr vielen “Mannstunden” das gesamte Video- und Fotomaterial ausgewertet, um dann läppische Bussen zu verteilen. Das widerspricht dem Verhältnismässigkeits- und dem Opportunitätsprinzip. Winterthur spart wohl lieber andernorts Steuergelder.
Das ist aber eine ziemlich kreative Interpretation des Verhältnismässigkeitsprinzips.