Strafbares Anbieten von Geräten, die illegal eingesetzt werden können?

X. ist Gesellschafter und einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer einer GmbH, die GPS-Geräte verkauft, die durch Installation entsprechender Software zu Radar-Warngeräten aufgerüstet werden können. Ein erstes Strafverfahren gegen X. im Kanton BL endete mit Verfahrenseinstellung. Kurz danach wurde die Staatsanwaltschaft des Kantons AG aktiv und klagte X. an, in einem Zeitraum nach dem erwähnten Einstellungsentscheid für eine juristische Person SVG-widrige Geräte in den Verkehr gebracht und angepriesen zu haben.

Das kantonale Verfahren endete mit einer Verurteilung zu einer Busse von CHF 5,000.00 wegen Inverkehrbringens von Radarwarngeräten (Art. 57b aSVG; seit 2013 wäre das unter Art. 98a SVG zu beurteilen). Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau in BGer 6B_823/2014 vom 23.01.2015. Die wirklich spannenden Fragen werden aber wohl mangels entsprechender Rügen nicht behandelt.

Der Beschwerdeführer machte u.a. eine Verletzung von „ne bis in idem“ geltend, was daran scheiterte, dass das angeklagte Inverkehrbringen kein Dauerdelikt sei (der angeklagte Tatzeitraum lag nach dem Einstellungsentscheid aus dem Kanton BL). Auf der Rechtsauffassung, die dem Einstellungsentscheid zugrunde lag, durfte sich X. auch nicht berufen:

Subjektiv sei der Beschwerdeführer einem Sachverhaltsirrtum unterlegen, denn er habe angenommen, es handle sich nicht um verbotene Radarwarngeräte. Dass der Irrtum einzig auf einer falschen Rechtsauslegung beruhe, sei unerheblich, da ein Rechtsirrtum nur dann vorläge, wenn der Beschwerdeführer in Verkennung der Rechtslage den Vertrieb von Radarwarngeräten für straflos gehalten hätte, was nicht der Fall gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch gestützt auf die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft und seiner offensichtlich ungenügenden Abklärungen nicht von der Rechtmässigkeit seines Tuns ausgehen dürfen. Vielmehr hätte das (eingestellte) Strafverfahren Anlass sein müssen, sein Vorgehen zu überdenken oder zumindest zuverlässige Abklärungen zu treffen, womit er seinen Irrtum hätte vermeiden können. Dass er dies nicht getan habe, grenze an bewusstes „Nichtwissenwollen“ respektive eine eventualvorsätzliche Inkaufnahme der Tatverwirklichung, womit zumindest eine fahrlässige Tatbegehung erstellt sei (E. 3.2).

Bewusstes Nichtwissenwollen? Naja. Jedenfalls hätte man auch sagen können, es sei zumindest fahrlässig, der Rechtsauffassung einer Staatsanwaltschaft zu vertrauen. Das Bundesgericht begründet es so:

Der Beschwerdeführer wusste, dass die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft bei Erlass der Einstellungsverfügung fälschlicherweise davon ausging, die A. GmbH stelle den Käufern nicht den (Zugang zum) illegalen POI-Datensatz zur Verfügung. Ihm war durchaus bewusst, dass der Verkauf der GPS-Geräte bei gleichzeitig gewährtem Zugriff auf illegale Datensätze strafbar ist (E. 3.3).

Mir wäre das jedenfalls auch nicht klar gewesen. Macht man sich wirklich bereits strafbar, wenn man den Zugang zu verbotenen Daten erst ermöglicht? Für das Bundesgericht ist das offenbar völlig klar:

Die Vorinstanz stellt in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers fest, die CD ermögliche den Zugang zu dem von der A. GmbH zur Verfügung gestellten illegalen Datenersatz (E. 3.3).

Damit wurde X. gemäss Bundesgericht zurecht verurteilt. Dann müsste aber auch jeder Internet-Zugangsprovider bestraft werden, sicher aber jeder , der aktiv einen Link setzt, über den die verbotene Software im Internet geladen werden kann (darauf verzichte ich jetzt natürlich). Dann müsste jeder Verkäufer von Geräten bestraft werden, mit denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig gespeichert und wiedergegeben werden könnten. Dann müsste jeder Hersteller von Küchenmessern bestraft werden, mit dem man Menschen umbringen kann.