Strafbefehl an geisteskranke Verbrechensgenossen

Die Straf-“Justiz” wird je länger je mehr dafür sorgen, dass die überfüllten Gefängnisse demnächst auch noch mit Insassen belastet werden, die an schweren geistigen Störungen wie Schizophrenie leiden. Der Grund liegt darin, dass normabweichende Zustände zu normabweichendem Verhalten führen, was heute bekanntlich fast immer auch strafbar ist. Dass eine Geisteskrankheit vorliegt, weiss die Staatsanwaltschaft u.U. gar nicht, weil sie das Strafbefehlsverfahren schriftlich durchführt und die Beschuldigten gar nicht kennenlernt. Die Bussen und Geldstrafen werden dann wegen Nichtbezahlens in Freiheitsstrafe umgewandelt, was ebenfalls in einem schriftlichen Verfahren und ohne Opposition erledigt wird. Sich nachträglich zu wehren ist schwer, weil die Justiz alles daran setzt, nicht an der Rechtskraft eines Urteils zu rütteln, auch wenn es sich dabei um einen Strafbefehl  handelt (BGer 6B_73/2014 vom 17.07.2014).

Das Bundesgericht weist darauf hin, dass weder Revisionsgründe noch Nichtigkeitsgründe vorliegen. Es vertritt eine Meinung, die jedenfalls für den Betroffenen schwer nachvollziehbar sein dürfte: solche Gründe sind im ordentlichen Verfahren vorzutragen, also in jenem Verfahren, in dem der Geisteskranke – möglicherweise trotz notwendiger Verteidigung – nicht vertreten war:

Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft nach Auffassung des Beschwerdeführers ernsthafte Zweifel an seiner Schuldfähigkeit hätte haben sollen (BGE 133 IV 145 E. 3.3 S. 147) und demzufolge eine psychiatrische Begutachtung hätte anordnen müssen, stellt keinen Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO dar; es liegt auch kein Nichtigkeitsgrund vor (Urteil 6B_339/2012 vom 11. Oktober 2012 E. 1.3). Vielmehr wäre dieser (behauptete) Mangel im ordentlichen Rechtsmittelverfahren vorzubringen und allenfalls zu beheben gewesen. Dasselbe gilt in Bezug auf die gerügte fehlende Verteidigung im Strafbefehlsverfahren (Urteil 6B_186/2011 vom 10. Juni 2011 E. 2.6). Im Übrigen findet sich kein Beleg in den Akten dafür, dass der Beschwerdeführer während des Strafverfahrens explizit um Vertretung durch einen (amtlichen) Strafverteidiger ersucht hatte, wie er vorbringt (E. 3.1).

Auch das vorgelegte Gutachten änderte nichts:

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass für die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit nicht jede geringfügige Herabsetzung der Fähigkeit genügt, sich zu beherrschen. Der Betroffene muss vielmehr, zumal der Begriff des normalen Menschen nicht eng zu fassen ist, in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fallen, d.h. seine Geistesverfassung muss nach Art und Grad stark vom Durchschnitt nicht bloss der Rechts-, sondern auch der Verbrechensgenossen abweichen (Urteil 6B_318/2012 vom 21. Januar 2013 E. 2.2 mit Hinweisen) [E. 3.2.2, Hervorhebungen durch mich]

Den letzten Satz wird der Beschwerdeführer besonders schätzen, wenn er ihn denn versteht. Und damit keiner auf die Idee kommt, mit solchen Beschwerden überhaupt das höchste Gericht zu belasten, hat das Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen.