Strafe oder Massnahme?
Das Obergericht des Kantons Solothurn hat einen Mann u.a. wegen mehrfachen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren verurteilt. Es ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme an, schob den Vollzug der Freiheitsstrafe auf und ordnete an, der Täter müsse bis zum Antritt der stationären Massnahme im vorzeitigen Strafvollzug verbleiben. Noch bevor das motivierte Urteil vorlag, beantragte der Mann die Versetzung in eine offene Anstalt für Ersttäter. Das Obergericht hat sein Gesuch ebenso abgewiesen wie das Bundesgericht die dagegen gerichtete Beschwerde (BGer 1B_69/2016 vom 21.03.2016; wieso das Bundesgericht überhaupt eintrat, ist mir nicht ganz klar).
Das Bundesgericht bestätigt in seinem Urteil zunächst das Vorliegen eines strafprozessualen Haftgrunds (Wiederholungsgefahr) und dann auch die Verhältnismässigkeit der Belassung in einer geschlossenen Einrichtung:
Angesichts der gutachterlichen Feststellungen erscheint es nicht unverhältnismässig, dass die Vorinstanz den vom Beschwerdeführer begehrten Wechsel von einer geschlossenen in eine offene Strafanstalt abgelehnt hat. Der Beschwerdeführer weist ein komplexes Störungsbild auf. Die Wiederholungsgefahr ist zu bejahen und es fehlt an einer Krankheits- bzw. Therapieeinsicht. Bei dieser Konstellation ist eine offene Strafanstalt ungeeignet. Mildere Massnahmen fallen gemäss Gutachten, das ausdrücklich eine geschlossene Institution empfiehlt, ausser Betracht. Es bleibt abzuwarten, ob das Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils für die Einsichtsfähigkeit und Therapiemotivation hilfreich sein wird. Diesfalls werden die Vollzugsbehörden zu prüfen haben, ob die Massnahme in einer geschlossenen Einrichtung zu vollziehen ist. Ist dies der Fall, werden sie fortlaufend zu kontrollieren haben, ob die Voraussetzungen für die Versetzung des Beschwerdeführers in den offenen Vollzug erfüllt sind (vgl. das zur Publikation bestimmte Urteil des Bundesgerichts 6B_706/2015 vom 22. Oktober 2015 E. 2.5 und 3.5). Da sich, wie die Vorinstanz hervorhebt, in kurzer Zeit die Frage stellen wird, in welcher Anstalt die rechtskräftigen Sanktionen zu vollziehen sein werden (und ob ein Anstaltswechsel angezeigt ist), kann dem Beschwerdeführer unter diesen Umständen zugemutet werden, am jetzigen Aufenthaltsort zu verbleiben (E. 3.4).
Nicht klar ist mir auch, wie lange denn die Verfahrensleitung zuständig bleibt, um Vollzugsfragen zu entscheiden (bzw. wann die strafprozessuale Haft zum Vollzug wird). Unklar ist mir schliesslich, woher das Obergericht die Kompetenz nimmt, den vorzeitigen Strafvollzug bis zum Antritt der stationären Massnahme zu verlängern (vgl. dazu Art 57 StGB).