Strafprozessualer Durchgriff
Das Bundesgericht schützt die Beschlagnahme von Liegenschaften einer Aktiengesellschaft im Steuerstrafverfahren gegen deren Aktionäre (BGer 1B_713/2011 vom 22.06.2012):
Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob das Immobilienvermögen der Beschwerdeführerin unmittelbar einer strafrechtlichen Einziehung durch den Strafrichter unterliegen könnte. Bei der hier zu beurteilenden Sachlage rechtfertigt sich zur vorläufigen Sicherung der Verfahrenszwecke jedenfalls ein strafprozessualer “Durchgriff” auf die vom Beschuldigten kontrollierte und ihm wirtschaftlich zuzurechnende Beschwerdeführerin. Die zur Sicherstellung der einziehungsbeschlagnahmten Aktionsärsdarlehen verfügten Grundbuchsperren halten im jetzigen Verfahrensstadium vor dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz stand (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. c-d StPO i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR). Daran vermag auch das von der Beschwerdeführerin angerufene “Störerprinzip” (vgl. Art. 197 Abs. 2 StPO) nichts zu ändern, zumal Einziehungsbeschlagnahmen sich grundsätzlich auch gegen (nicht selber beschuldigte) Dritte richten können und von den streitigen Grundbuchsperren – bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise – primär der Beschuldigte betroffen ist. Zwar macht die Beschwerdeführerin geltend, durch den von der Vorinstanz befürchteten Verkauf der gesperrten Grundstücke würde der Wert der im Eigentum des Beschuldigten stehenden Aktien nicht geschmälert. Die Grundbuchsperren dienen jedoch nicht der Wertsicherung von Aktien, sondern der indirekten Sicherstellung von separat beschlagnahmten Darlehensforderungen des Beschuldigten, welche bei einer Rückzahlung getilgt würden (E. 2.3).
Der Beschuldigte hat also Darlehensforderungen gegenüber der beschwerdeführenden Immobiliengesellschaft, die ihm gehört. Diese Forderungen wurden also separat beschlagnahmt. Befürchtet das Bundesgericht hier, dass die beschlagnahmten Darlehensforderungen durch Tilgung untergehen oder verstehe ich hier etwas ganz falsch?
Kann man Forderungen beschlagnahmen? Oder geht es nicht eher um die Beschlagnahme von Konten der beschuldigten Person? Dass sich die beschuldigte Person die Forderungen auf – neue – nicht bereits beschlagnahmte Konten auszahlen und “verschwinden” lässt, ist doch durchaus denkbar, oder? Insofern macht die Rechtssprechung des Bundesgerichts durchaus Sinn, sofern man es rechtmässig hält, die mögliche Nach- und Strafsteuer mittels Beschlagnahme vorsorglich zu sichern (vgl. auch BGE 137 IV 145).
Forderungen sind Vermögenswerte und können beschlagnahmt werden Art. 266 Abs. 4 StPO sagt, wie das geht. Ein Konto ist ja (in der Regel) auch lediglich eine Forderung und nicht ein Behältnis, in dem Geld liegt.
Mit dem Hinweis auf diese StPO-Bestimmung fällt es tatsächlich schwer, die Begründung des Bundesgerichts zu verteidigen. 🙂