Strafverfügung als verjährungsrechtliches Urteil
In einem zur Publikation in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Entscheid (6S.555/2006 vom 23.03.2007) hatte das Bundesgericht über zwei strittige Fragen zu entscheiden, die es zu Ungunsten des Beschwerdeführers beantwortet bzw. offen gelassen hat.
In Bezug auf die Verjährung stellte sich die Frage, ob eine angefochtene Strafverfügung nach Art. 70 VStR einem erstinstanzlichen Urteil (Art. 97 Abs. 3 StGB) gleichzustellen sei:
Während der Erlass eines Strafbescheids (Art. 64 VStrR) somit Parallelen zu einem Strafmandat (Strafbefehl) aufweist, ist die Strafverfügung (Art. 70 VStrR) nach dem Gesagten im Ergebnis einem gerichtlichen Entscheid gleichzustellen und demnach unter den Begriff des erstinstanzlichen Urteils im Sinne von Art. 70 Abs. 3 StGB zu subsumieren. Folgerichtig ist auch eine im Einziehungsverfahren erlassene Einziehungsverfügung der Verwaltung nach Art. 70 VStrR als erstinstanzliches Urteil gemäss Art. 70 Abs. 3 StGB zu qualifizieren.
Gemeint ist Art. 70 Abs. 3 aStGB. Für das geltende Recht ändert sich daran aber nichts (Art. 97 Abs. 3 StGB). Eine Verfügung der Verwaltung einem Gerichtsurteil gleichzusetzen wird hoffentlich von der Lehre nicht ohne Widerspruch aufgenommen werden.
Weiter war zu klären, ob bei der Einziehung einer Ersatzforderung das Brutto- oder das Nettoprinzip anzuwenden sei. Die Vorinstanz wendete eine Art gemässigtes Bruttoprinzip an. Das Bundesgericht legte sich nicht fest und beschränkte sich auf folgende Zusammenfassung von Lehre und Rechtsprechung:
Das Bundesgericht tendiert unter Berufung auf die ratio legis von Art.59 StGB zum Bruttoprinzip und betont, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gestehungskosten abgezogen werden könnten (vgl. BGE 123 IV 70 E. 3; 119 IV 17 E. 2a; 109 IV 121 E. 2b; 105 IV 21; 103 IV 142, je mit Hinweisen). Allerdings verdient nach der Rechtsprechung auch das Kriterium der Verhältnismässigkeit Beachtung – mit der Konsequenz, dass im Einzelfall die Abwendung vom reinen Bruttoprinzip geboten erscheinen kann (BGE 124 I 6 E. 4b/cc). Ausgehend von diesem Präjudiz wird in der Doktrin von jeglichem Schematismus abgeraten und dafür eingetreten, einzelfallbezogen zu prüfen, ob die Abschöpfung des gesamten Bruttoerlöses der strafbaren Handlung vor dem Verhältnismässigkeitsprinzip standhält (Florian Baumann, Basler Kommentar, StGB I, Basel 2003, Art. 59 N. 32; so auch Georges Greiner, Grenzen der Vermögenseinziehung bei Dritten [Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB] – unter Berücksichtigung von zivil- und verfahrensrechtlichen Aspekten, AJP 2005, S.1341 ff., S. 1351) (E. 11.3).
Da steh ich nun, ich armer Thor …