Strafverteidiger c. Richter
Ein eben in den Ruhestand getretener Richter hat sich kürzlich über Strategien “gewisser Verteidiger” ausgelassen und ungute Entwicklungen festgestellt (Aargauer Zeitung via plädoyer).
Er lässt sich wie folgt zitieren:
Heute kämpfen viele Anwälte gegen uns, als wären wir ihre Feinde. Dabei müssten sie doch dazu beitragen, dass ein gerechtes Urteil gefällt wird.»
Das ist schon deshalb nicht sehr plausibel, weil selbst Strafverteidiger in der Regel nicht so blöd sind, ausgerechnet die Richter, die das Urteil fällen, als Feinde zu betrachten. Dagegen soll es aber Strafverteidiger geben, die sich über Richter ärgern, die trotz jahrelanger Praxis nie begriffen haben, was Aufgabe der Verteidigung ist, obwohl es – ungute Entwicklung! – heute sogar im Gesetz steht.
Wollte online in der Zeitung einen Kommentar zu besagter Aussage dieses Gerichtspräsidenten schreiben, leider aber war die Kommentarfunktion deaktiviert. Schon klar weshalb, nach dieser Aussage.
Was heisst schon “gerechtes Urteil”? Der Beschuldigte (und ein Stück weit sein Verteidiger) sieht das üblicherweise eh anders als das Opfer bzw. die Staatsanwaltschaft (oder eine neutrale/unparteiische Person, die der Richter in der Regel ist). Insofern tragen Strafverteidiger durchaus (oft) zu einem gerechten Urteil bei.
Wenn man das Zitat liest, kann man sich tatsächlich fragen, ob man alten Hunden tatsächlich keine neuen Tricks beibringen kann (oder wie das Sprichwort lautet). Wäre also eine Amtszeitbeschränkung, wie sie derzeit im Kanton Solothurn von – soweit ersichtlich – einigen wenigen Juristen gefordert wird, vielleicht doch keine so schlechte Idee? Oder regelmässige Prüfungen für die RIchter/innen?
Amtszeitbeschränkungen würden u.a. dazu führen, dass sich kaum noch jemand (oder nur ältere Semester vor dem Ruhestand) für ein Richteramt zur Verfügung stellen würde. Ich würde die Wahlvoraussetzungen prüfen. Man könnte z.B. verlangen, was für die Ausübung der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit immer selbstverständlich war: eine spezifische Ausbildung inkl. Praktikum für neu zu wählende Richterinnen und Richter.