Strafverteidiger: Speerspitze der Advokatur
Bekanntlich dürfen Strafverteidigungen nur von den allerbesten Anwälten geführt werden, zumal das Institut der Verteidigung ein zentrales Element des Strafprozessrechts – ja des modernen Rechtsstaats – darstellt. Ohne wirksame Verteidigung wäre Wahrheitsfindung in einem dialektisch ausgestalteten Strafverfahren Illusion. Nicht umsonst gelten daher die Strafverteidiger als die Speerspitze der Advokatur. Da ist es nur billig, wenn sie für ihre Mühewaltungen auch ihrer schier unermesslichen Bedeutung entsprechend honoriert werden.
Leider gibt es immer wieder Richter, welche das – vermutlich aus reiner Missgunst – nicht einsehen und die Freigesprochenen nur für einen Teil ihrer Anwaltskosten entschädigen wollen. Dabei verfallen diese missgünstigen Richter, welche die Komplexität der Aufgaben der Strafverteidiger nicht einmal im Ansatz ermessen können (es gibt ja schliesslich Gründe, warum sie bloss Richter werden konnten), oft in regelrechtes Anwaltsbashing, so etwa das Bundesgericht in BGer 6B_336/2014 vom 06.02.2015. Anwaltsbashing war aus Sicht des Bundesgerichts und der beiden Vorinstanzen nötig, um den Aufwand der Verteidigung als ungerechtfertigt und damit als nicht entschädigungspflichtig darstellen zu können. Als Massstab für den entschädigungsberechtigten Aufwand hat gemäss Bundesgericht
der erfahrene Anwalt zu gelten, der im Bereich des materiellen Strafrechts und des Strafprozessrechts über fundierte Kenntnisse verfügt und deshalb seine Leistungen von Anfang an zielgerichtet und effizient erbringen kann (Urteil 6B_74/2014 vom 7. Juli 2014 E. 1.4.2) [E. 2.2].
Davon gibt es in der Schweiz ungefähr drei. Der Anwalt, der für den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall immerhin einen Freispruch vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs und der einfachen Körperverletzung (ev. Tätlichkeiten) herausgeholt hatte, gehört nach Bundesgericht offenbar nicht dazu. Entsprechend wurde der Beschwerdeführer mit der lächerlichen Parteientschädigung von CHF 30,000.00 abgespiesen.
Hier ein paar Zitate aus dem Urteil:
Dieses Vorbringen [des Beschwerdeführers] muss mit Blick auf dessen Aussagen vor der Polizei (…) sowie vor der Staatsanwaltschaft (…) als mutwillig bezeichnet werden (E. 2.4.2)..
Es muss erneut als mutwillig bezeichnet werden, den Aufwand für verschiedene Schreiben, welcher im Rahmen der eingestellten Untersuchung wegen schwerer Körperverletzung vollumfänglich entschädigt wurde, hier ein zweites Mal geltend zu machen. An die besagte Entschädigung ist der Beschwerdeführer auch zu erinnern, soweit er etwa aus dem Fragekatalog der Staatsanwaltschaft zu medizinischen Fragen eine Komplexität ableitet (E. 2.4.3).
Hier bleibt anzumerken, dass die Einvernahmen der Privatklägerin und des Beschwerdeführers lediglich eine halbe respektive eine Stunde beanspruchten und das Plädoyer der Privatklägerin sich auf 3 ½ Seiten beschränkte, während der Beschwerdeführer ein 44-seitiges Plädoyer verlesen liess. Trotz der auch vor Bundesgericht wortreichen Ausführungen des Beschwerdeführers kann von einer tatsächlichen oder rechtlichen Komplexität keine Rede sein. […]. Indem der Beschwerdeführer demgegenüber der Anklage einen schwerwiegenden Tatvorwurf entnehmen will, verkennt er deren Tragweite (E. 2.4.4).
Der vor Vorinstanz geltend gemachte Zeitaufwand für die Untersuchung und das erstinstanzliche Verfahren von insgesamt 121.91 Stunden (zuzüglich 55.54 Stunden im Zusammenhang mit der eingestellten Untersuchung) steht zum Umfang und zur Schwierigkeit des Falles in einem offensichtlichen Missverhältnis (E. 2.5).
Dem Bundesgericht erschien die zugesprochene Entschädigung bereits als grosszügig:
Im Ergebnis unterstreicht die Vorinstanz deshalb zu Recht, dass der Beschwerdeführer für das Untersuchungsverfahren (inkl. Verfahren betreffend schwere Körperverletzung) mit insgesamt Fr. 26’160.20 entschädigt wurde, was nicht als unangemessen gerügt werden kann. Gleiches gilt betreffend die Entschädigung für das erstinstanzliche Gerichtsverfahren (vgl. § 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Eine Grundgebühr innerhalb der oberen Hälfte des Gebührenrahmens ist mit Blick auf den geringen Grad der Fallkomplexität angemessen und nicht zu beanstanden. Es bleibt zu bemerken, dass die Endsumme von Fr. 31’560.20 bei einem Stundenansatz von Fr. 300.– einem entschädigten Zeitaufwand von über 90 Stunden entspricht (E. 2.5).
Mit Verlaub: Ich finde vielmehr dieses “Richterbashing” hier fehl am Platz. Bereits die StPO spricht in Art. 429 von “angemessener” Ausübung der Verfahrensrechte, der anwendbare kantonale Gebührentarif in § 16 gar nur vom “notwendigen” Zeitaufwand der Verteidigung. Gemäss dem Entscheid wurde das Verfahren betr. schwerer Körperverletzung bereits relativ früh eingestellt und der Verteidiger dafür separat entschädigt. Zur Anklage gelangten schliesslich nur noch (vergleichsweise) Bagatelldelikte. Der von der Verteidigung hierfür offenbar betriebene Aufwand erscheint mir “vom Schiff aus” (ich kenne den Fall nicht) schlechterdings auch unangemessen.
Hoffentlich haben das nicht alle so verstanden wie RA! Aber selbst wenn es so gemeint gewesen wäre: wer entscheidet eigentlich, was hier “fehl am Platz” ist?
Sarkasmus ist manchmal schwer erkennbar.
Ist das jetzt sarkastisch gemeint? 😉
@RA @Malo: werde mich bemühen, erkennbarer zu sein, wenn ich – was unvermeidbar ist – wieder in Zynismus/Sarkasmus/Ironie verfalle.