Strafzumessung bei (teilweise) retrospektiver Konkurrenz

Das Bundesgericht klärt kontroverse Fragen bei der Zusatzstrafenbildung (BGE 6B_829/2014 vom 30.06.2016). Bereits die ausserordentlich lange Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens lässt erahnen, dass die Materie nicht ganz einfach ist.

Das Bundesgericht legt Wert auf die Feststellung, dass die zu erhöhende Erststrafe in Rechtskraft erwachsen ist und dass auch die Zusatzstrafenbildung dem Verbot der reformatio in peius unterliegt. Um diese Regel und um die Regeln der Geseamtstrafenbildung herum ergeben sich dann die Kriterien für die Zusatzstrafenbildung. Klargestellt wird zudem, von welcher “schwersten Straftat” auszugehen ist:

Es zu unterscheiden, ob die Grundstrafe oder die neu zu beurteilenden Delikte die schwerste Straftat enthalten. Im ersten Fall ist die Grundstrafe aufgrund der Einzelstrafen der neu zu beurteilenden Delikte angemessen zu erhöhen. Anschliessend ist von der (gedanklich) gebildeten Gesamtstrafe die Grundstrafe abzuziehen, was die Zusatzstrafe ergibt. Liegt umgekehrt der Einzel- oder Gesamtstrafe der neu zu beurteilenden Taten die schwerste Straftat zugrunde, ist diese um die Grundstrafe angemessen zu erhöhen. Die infolge Asperation eintretende Reduzierung der rechtskräftigen Grundstrafe ist von der Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte abzuziehen und ergibt die Zusatzstrafe. Bilden die Grundstrafe und die Strafe für die neu zu beurteilenden Delikte ihrerseits Gesamtstrafen, kann das Zweitgericht der bereits im Rahmen der jeweiligen Gesamtstrafenbildung erfolgten Asperation durch eine gemässigte Berücksichtigung bei der Zusatzstrafenbildung Rechnung tragen (E. 2.4.4).
Im Einzelnen schaffe ich es nicht, die Klarstellung systematisch darzustellen. Wer als Verteidiger oder Richter mit retrospektiver Konkurrenz befasst wird, kommt aber nicht umhin, diesen Entscheid sorgfältig zu studieren.