Tatfrage oder Rechtsfrage?

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde eines Opfers gut und korrigiert die durch das Obergericht SO vorgenommene rechtliche Würdigung eines Sachverhalts, der sich in einem Hotelzimmer in Istanbul zugetragen hatte. Aus einer einfachen Körperverletzung macht das Bundesgericht eine versuchte Tötung (BGer 7B_283/2022 vom 03.06.2024). Der Entscheid ist deshalb interessant, weil das Bundesgericht die Willkürhürde mehr oder weniger elegant umgangen hat:

Ob im Lichte der festgestellten Tatsachen auf Eventualvorsatz zu schliessen ist, ist eine Rechtsfrage (vgl. BGE 147 IV 439 E. 7.3.1; 137 IV 1 E. 4.2.3; je mit Hinweisen). Es besteht diesbezüglich jedoch eine gewisse Überschneidung zu Tatfragen, wie etwa solcher hinsichtlich innerer Tatsachen (Wissen, wollen, in Kauf nehmen), welche nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür überprüfbar sind. Denn der Sinngehalt des Eventualvorsatzes lässt sich nur im Lichte dieser tatsächlichen Umstände erschliessen. Das Bundesgericht kann daher in einem gewissen Ausmass die richtige Bewertung dieser Umstände im Hinblick auf den Rechtsbegriff des Eventualvorsatzes überprüfen. Es tut dies indes mit einer gewissen Zurückhaltung (Urteile 7B_13/2021 vom 5. Februar 2024 E. 2.3.3; 6B_773/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 1.2.2; je mit Hinweisen) [E. 2.3.4]. 

Diese Zurückhaltung ist dann aber bei Beurteilung des Falles m.E. nicht mehr spürbar:

Angesichts dieses wiederholten Einwirkens auf die Beschwerdeführerin kann der Vorinstanz nicht gefolgt werden, wenn sie ausführt, das freiwillige Unterbrechen seiner Handlungen – zwecks Beantwortung der Frage, ob die Beschwerdeführerin sterben wolle – spreche gegen eine Inkaufnahme des Todes durch den Beschwerdegegner 2. Wäre es ihm, so die Annahme der Vorinstanz, nur darum gegangen, ihr mit dem Tod zu drohen und ihr Angst einzujagen, hätte ein einmaliges kurzes Abstellen der Luftzufuhr ausgereicht (E. 2.4.2). 

Die dargestellten Umstände sprechen entgegen der Vorinstanz dafür, dass der Beschwerdegegner 2 den Tod der Beschwerdeführerin zumindest billigend in Kauf genommen hat (E. 2.4.3). 

Also doch die Umstände und damit der Sachverhalt. Dass die Vorinstanz in Willkür verfallen sei, macht das Bundesgericht nicht geltend.