Teilnahmerecht bei Fotowahlkonfrontation
Die Durchführung einer Fotowahlkonfrontation ist eine teilnahmefähige bzw. teilnahmepflichtige Beweiserhebung. Teilnahmeberechtigt sind die Parteien und die Verteidigung (BGer 6B_506/2024 vom 11.09.2024):
Gemäss Abs. 2 von Art. 146 StPO, welcher unter dem Titel “Einvernahmen mehrerer Personen und Gegenüberstellungen” steht, können die Strafbehörden Personen einander gegenüberstellen. Bei der Foto (wahl) konfrontation handelt es sich um einen Unterfall einer Identifizierungsgegenüberstellung, welche wiederum eine Sonderform von Einvernahme und Augenschein darstellt. Dabei werden dem Zeugen Fotos von Personen vorgelegt, und dieser soll sich dazu äussern, ob er den mutmasslichen Täter auf einem der Fotos wiedererkennt. Der gesamte Vorgang ist zu protokollieren und die zur Identifikation unterbreiteten Fotos sind zu den Akten zu nehmen. Da es sich um eine Beweisabnahme handelt, ist nach eröffneter Untersuchung der bereits bestellten Verteidigung ein Teilnahmerecht an der Foto (wahl) konfrontation einzuräumen. Gleiches muss zumindest auch für die (noch) unverteidigte beschuldigte Person gelten, will diese ihr Teilnahmerecht – einschliesslich Fragerecht – wahrnehmen und ausüben, geht es beim Teilnahmerecht doch gerade darum, theoretisch durch “mitwirkende Teilnahme” Einfluss auf die Beweiserhebung und schliesslich auch auf das Ergebnis nehmen zu können (E. 1.2.3, Hervorhebungen durch mich).
Das Bundesgericht hatte den Fall zu beurteilen, bei dem die Polizei nach eröffneter Untersuchung eine Fotowahlkonfrontation durchführte, ohne dem Beschuldigten und der Verteidigung (die offenbar trotz offensichtlich notwendiger Verteidigung noch nicht bestellt war) die Teilnahme zu ermöglichen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen, allerdings nur wegen Verletzung der Begründungspflicht.
In Berücksichtigung der Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren sowie des Umstands, dass er trotz des bereits am 20. Dezember 2018 gegen ihn eröffneten Verfahrens betreffend versuchter Tötung, schwerer Körperverletzung, qualifizierten Raubes, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung (…) zum Zeitpunkt der Einvernahme des Beschwerdegegners vom 28. Mai 2019 weder notwendig (amtlich) verteidigt war noch er und/oder ein allfälliger Verteidiger an der Einvernahme teilnahmen (…), hätte die Vorinstanz die Frage der Verwertbarkeit der genannten Einvernahme und – falls die Einvernahme unverwertbar wäre – allfälliger Folgebeweise prüfen müssen. Indem sie dies unterlässt, kommt sie ihrer Begründungspflicht i.S.v. Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG (und Art. 29 Abs. 2 BV) nicht nach. Weder den Parteien noch dem Bundesgericht ist es zum jetzigen Zeitpunkt möglich, das vorinstanzliche Urteil auf dessen Rechtmässigkeit hin zu prüfen, zumal es auch an relevanten tatsächlichen Feststellungen fehlt. Die Vorinstanz wird sich in ihrem neuen Urteil mit den Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandersetzen und die Verwertbarkeit der Beweismittel, insbesondere der Einvernahmen des Beschwerdegegners prüfen müssen. Gestützt darauf wird sie die Beweismittel allenfalls neu würdigen und den massgebenden Sachverhalt feststellen müssen (E. 1.3.2).
Das Bundesgericht hebt das Urteil der Vorinstanz teilweise auf (es wurden nur einzelne Ziffern angefochten). Es weist die Sache zur Prüfung der Verwertbarkeit der erhobenen Beweise und zur neuen Entscheidung zurück an die Vorinstanz.
Mir erscheint eine Teilnahme des Beschuldigten an einer Fotowahlkonfrontation wenig sinnvoll. Wie muss man sich das vorstellen? Der
einvernommenen Person werden Fotos vorgelegt und sie muss dann entscheiden, wer der Täter ist, während eine auf den vorgelegten Fotos abgebildete Person als mutmasslicher/wahrscheinlicher Täter im gleichen Raum sitzt? Hier dürfte es doch eher im Interesse der beschuldigten Person sein, an der Beweiserhebung eben gerade nicht teilzunehmen, da ja sonst schon suggeriert wird, wer der Täter zu sein hat…?
Die Säuhäfeli Schwiiz, wo die Vorinstanz (oder auch die Staatsanwaltschaft) ihr Anklage verbessern kann bzw 3 oder mehrmal gelegenheit erhalten ein Urteil zu begründen, während der Beschuldigte alle Rechte verliert wenn er nicht qualifiziert rügt oder Willkür aufzeigt…und da ihm sowieso nie alle Kosten ersetzt werden bekommt er meist nur lausige Vertretungen die gesetzlich verordnet dienst nach vorschrift schieben müssen, sonst bleiben Sie auf den Kosten sitzen, während die Staatsanwaltschaft bei jedem Kiffer ohne weiteres Untersuchungen für 50‘000 Veranstalten kann, das nennen wir faire Verfahren….man muss ja blind sein die Waffengleichheit nicht zu erkennen
Die zitierte Erwägung 1.2.3 wurde nicht vollständig zitiert. Es fehlt folgender Abschnitt:
[…] Das Teilnahmerecht des (unverteidigten) Tatverdächtigen an der Einvernahme der Auskunftsperson oder des Zeugen kann etwa mittels Videoübertragung in ein Nebenzimmer gewährleistet werden, ohne dass das Ergebnis der Foto (wahl) konfrontation dadurch möglicherweise verfälscht würde (Urteil 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 4.3.2.1 mit zahlreichen Hinweisen).
Oekonomisch begrüssenswert, so kann man einen Fall noch erfolgreicher bewirtschaften ….