Telefonat aus dem Untersuchungsgefängnis?
Eine kleine Anekdote aus dem Alltag eines Strafverteidigers:
Beim Versuch, mit einem nach seiner Flucht aus dem Massnahmenvollzug wieder verhafteten Klienten kurz telefonisch zu sprechen, wurde mir heute von der Gefängnisleitung beschieden, sowas sei bekanntlich in der ganzen Schweiz ausgeschlossen. Ich könne meinen Mandanten mit der entsprechenden Bewilligung ja besuchen.
Die Verfahrensleitung war gleicher Meinung. Für den Besuch könne ich aber immerhin auch nachträglich noch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellen. Dieses werde allerdings nur gutgeheissen, wenn der Besuch notwendig war.
Wahrscheinlich wird das Gesuch dann abgewiesen werden, weil ich gemäss JVV ja hätte telefonieren können:
§ 33. Telefon und weitere Kommunikationsmittel
1 Die eingewiesene Person hat die Möglichkeit, auf eigene Kosten Telefongespräche zu führen.2 Die Kommunikation der eingewiesenen Personen kann aus Sicherheitsgründen auf Anordnung der Leitung der Vollzugseinrichtung überwacht oder aufgezeichnet werden. Geschieht die Kontrolle ohne Kenntnis der eingewiesenen Person, so ist sie nachträglich zu informieren.3 Der Besitz und die Benützung von privaten Mobiltelefonen und Funkrufempfängern sowie von anderen privaten Kommunikations- und Datenübermittlungsgeräten sind verboten.
In den meisten Kantonen ist ein solches Telefonat mit den entsprechenden Mühen wohl möglich. Dafür wird je nach Einrichtung der Gesprächsinhalt aufgezeichnet.
Wenn sich Ihr Klient wirklich in Untersuchungshaft befand, durfte er auch gemäss JVV grundsätzlich nicht telefonieren.
§ 73 Abs. 1: Die Durchführung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft erfolgt sinngemäss nach den §§ 8-40 mit Ausnahme der §§ 15, 25, 28, 32 und 33 sowie […].
§ 79: Der sich in Untersuchungshaft befindenden Person ist das Telefonieren grundsätzlich verboten. Die Verfahrensleitung kann Ausnahmen bewilligen und regelt deren Durchführung.
Nein, er war nicht in Untersuchungshaft. Aber selbst wenn er es gewesen wäre, ist das grundsätzliche Verbot, das auch für Anwaltsgespräche gilt, schlicht und einfach peinlich (und ganz nebenbei auch verfassungswidrig).
Um die Anwaltskosten tief zu halten, hättest du, kj, ja beantragen können, den Häftling für ein Gespräch z.B. ins UG Solothurn überführen zu lassen, wo du ihn dann ohne grösseren Zeitaufwand hättest aufsuchen – oder ihn anrufen – können. Es mag unverhältnismässig erscheinen, einen Gefangenen nur für ein einzelnes Gespräch verlegen zu lassen; allerdings hatte ich mal einen Klienten, den sie für eine polizeiliche Einvernahme vom UG Solothurn in die Innerschweiz überführt haben (und dann ein paar Stunden später wieder zurück nach Solothurn).
Das wäre wahrscheinlich bewilligt worden, stimmt. Manche Behördenmitglieder reisen ausserordentlich gern.
Ich hatte mal folgenden Fall für eine Einvernahme an einem Dienstag, 0800 Uhr:
– Mo: Abreise im ZG Lenzburg am Montag Vormittag
– Mo: Ankunft im UG Solothurn nach den Besuchszeiten (Besprechung nicht mehr möglich).
– Di: Um 0800 eine Einvernahme (vorherige Besprechung verweigert)
– Di: 0810, Ende der Einvernahme (keine Aussage mangels vorheriger Besprechung)
– Mi früh: Rücktransport nach Lenzburg
– Mi abends: Eintreffen im ZG Lenzburg.
Hätte mein Mandant passende Kleidung dabei gehabt, hätte er die dreitägige Abwechslung bestimmt genossen.
https://www.rechtsprechung.gerichte-bs.ch/cgi-bin/nph-omniscgi.exe?OmnisPlatform=WINDOWS&WebServerUrl=www.rechtsprechung.gerichte-bs.ch&WebServerScript=/cgi-bin/nph-omniscgi.exe&OmnisLibrary=JURISWEB&OmnisClass=rtFindinfoWebHtmlService&OmnisServer=JURISWEB,7000&Parametername=WEB&Schema=BS_FI_WEB&Source=&Aufruf=getMarkupDocument&cSprache=DE&nF30_KEY=53577&W10_KEY=182389&nTrefferzeile=2&Template=search_result_document.html
Hier noch ein kleiner Schmankerl aus der Weltstadt Basel. In Basel – spricht – man anders…..