Teurer Kostendruck im Aargau
Das Obergericht des Kantons Aargau ist offenbar unter derart grossem Kostendruck, dass es auch offensichtliche Fehlentscheide in Kauf nimmt (und wahrscheinlich hofft, der Betroffene ziehe nicht nach Lausanne).
Das aktuellste Muster geht aus einem neuen Urteil des Bundesgerichts hervor (BGer 1B_452/2016 vom 27.02.2017):
Gestützt auf diese obergerichtliche Einschätzung des Zeitrahmens, welcher der Staatsanwaltschaft bei der gebotenen beförderlichen Verfahrensführung bis zur Anklageerhebung zustünde, hatte der Beschwerdeführer Anlass zur Einreichung einer Rechtsverzögerungsbeschwerde, nachdem die Anklage gut zwei Monate nach Ablauf der vom Obergericht bestimmten Frist noch nicht erhoben worden war; bei einem Verzicht auf die Einreichung dieses Rechtsmittels hätte sich der Anwalt des Beschwerdeführers allenfalls sogar den Vorwurf unsorgfältiger Mandatsführung gefallen lassen müssen. Dass die Prognose unrealistisch war und vom Obergericht im angefochtenen Entscheid fallengelassen wurde – der Beschwerdeführer spricht mit einer gewissen Berechtigung von einer “Kehrtwende” – ändert nichts daran, dass der Beschwerdeführer sich in guten Treuen auf die obergerichtlichen Erwägungen im Entscheid vom 4. April 2016 stützen und Beschwerde führen durfte. Es ist, wie er zu Recht geltend macht, mit Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) nicht vereinbar, dass ihm das Obergericht im angefochtenen Entscheid die Kosten des gegenstandslos gewordenen Verfahrens auferlegte mit der Begründung, die Staatsanwaltschaft habe das Beschleunigungsgebot nicht verletzt (E. 4.3, Hervorhebungen durch mich).
Treuwidriges Verhalten steht einem Gericht nicht gut an.
Und wieder ein Kommentar ganz nach dem Motto: Hauptsache immer dem Aargau ans Bein pissen. Von was für einem Hass auf den Aargau werden Sie eigentlich angetrieben? Aus Lesersicht wäre zu begrüssen , wenn sie die jeweils wirklich interessanten Erwägungen eines Entscheids kommentieren würden, wie das früher auch immer der Fall war. Jetzt ist es nur noch peinlich. Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass wenn ein Entscheid aus dem Aargau ganz oder teilweise nicht bestätigt wird, das immer bereits abschätzig im Titel erwähnt wird. Geht es um ein anderes Gericht oder wird ein Urteil aus dem Aargau bestätigt, wird das hingegen fast nie erwähnt…
Ach wissen Sie, der Herr Jeker ist ein Wichtigtuer und absoluter nobody , über den an den Gerichten nur milde gelächelt wird. Sein “Hass auf den Aargau” ist darauf zurückzuführen, dass er als Anwalt vor aargauischen Gerichten ein paarmal verloren hat. Das ist schon alles. “Die Hibde bellen, die Karawane zieht weiter”.
@Jürg Fehr: Danke, das mit dem Lächeln wusste ich nicht. Wissen Sie es oder tun Sie nur so? Ich erwarte keine Antwort, zumal beide Varianten schwierig wären.
Ein dauerhaftes, objektiv unbegründetes Lächeln ist ein Symptom des Angelman-Syndroms
@Anonymous: Dass das Obergericht des Kantons Aargau hier nicht gut weg kommt, ist tatsächlich so. Wenn Urteile eines Gerichts auffällig oft korrigiert werden, nehme ich mir diese Freiheit. Vielleicht täusche ich mich und vielleicht ist es ja das Bundesgericht, das in Fällen aus dem Aargau besonders oft falsch liegt.
Mir fällt schon auch auf, dass bei Hinweisen oder Besprechungen derselben Urteile z.B. in SJZ, ius.focus, ZBJV oder Forum Poenale oft ganz andere Punkte im Vordergrund stehen. Als Blogger muss Rechtsanwalt Jeker Urteile aber natürlich weder objektiv noch rechtswissenschaftlich erkenntnisbringend kommentieren. Dennoch würde nach meiner freilich nicht massgebenden Meinung etwas weniger Polemik und etwas mehr inhaltliche Schärfe einem Blog gut anstehen. Er würde dadurch wieder zu alter Form auflaufen.
Nur so aus den Statistiken: Die BGer lehtn die meisten Beschwerden ja ab. Gefühlt werden min. 80% abgewiesen. Wenn nun alle paar Tage ein Entscheid des ObG AG vom BGer korrigiert wird – jedoch nicht bei anderen kantonalen letztinstanzlichen Instanzen, dann scheint für mich beim ObG AG schon etwas nicht zu stimmen.
Es könnte natürlich jetzt auch eine positive Rückkoppelung gegeben haben. Weil das BGer Entschede des ObG AG “sehr häufig” korrigiert, könnte dies die Anwaltschaft dazu ermutigen, gegen Entscheide des ObG AG viel häufiger Beschwerde ans BGer zu ziehen (in Strafsachen)….
Wird in der Urteilssammlung des Bundesgerichts danach gesucht, wieiviele Beschwerden seit 1. Januar 2016 im Strafrecht ganz oder teilweise gutgeheissen worden sind, bekommt man in Bezug auf die vier Bevölkerungsstärksten Kantone folgendes Resultat:
ZH: 22 (davon 3 BGE)
BE: 10 (davon 1 BGE)
VD: 22
AG: 22 (davon 3 BGE)
Liest man nur den Blog, hat man freilich einen anderen Eindruck.
@Statistiker: auch wenn Ihre Zahlen stimmen (was ich mir gut vorstellen kann), sagen sie nicht allzu viel aus. Man müsste bspw. auch noch erfassen, wieviele Beschwerden überhaupt geführt wurden und wie die Quote der StA ist, die ja auch Beschwerden führt (in der Regel erfolgreicher als Private). Aber ich bin dennoch dankbar für Ihre Zahlen. Haben Sie ein Tool, um sie zu ermitteln?
Nur noch eins, auch an die anderen Kritiker, die mit ein paar Ausnahmen (deren Kommentare anonym eingehen und die ich trotzdem freischalte, solange ich mich dadurch nicht strafbar mache) ja konstruktive Hinweise geben: ich habe nie Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder Objektivität erhoben und weil mich niemand bezahlt, nehme ich mir die Freiheit, ganz subjektiv Entscheide und Teile von Entscheiden herauszupicken, die mich aus irgendeinem Grund interessieren.