Tödlicher Polizeieinsatz
Das Bundesgericht hat heute vier Urteile publiziert, die alle in derselben Angelegenheit ergingen, die sich vor zehn Jahren zugetragen hatte (BGer 6B_258/2018, 6B_262/2018, 6B_263/2018 sowie 6B:281/2018, alle vom 24.01.2019).
Das Bundesgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:
Am Abend des 25. Mai 2009 kam es zwischen C.D. und seiner Ehefrau in ihrer gemeinsamen Wohnung in U. zu einem Streit, nach welchem sich die Ehefrau zu einer Nachbarin begab und von dort um 19.55 Uhr die Polizei alarmierte. Um ca. 21 Uhr rückte X. als Pikettoffizier der Kantonspolizei Aargau aus und übernahm die Verantwortung als Gesamteinsatzleiter. Auf seine Anordnung hin drang die Sondereinheit “Argus” um 21.48 Uhr gewaltsam in die Wohnung von C.D. und seiner Ehefrau ein. Dort gab ein Mitglied der Sondereinheit zwei Schüsse in den Unterleib von C.D. ab. Dieser verstarb am 10. April 2015, wobei sein Ableben laut rechtsmedizinischem Gutachten vom 31. Juli 2015 nicht in Zusammenhang mit den durch das Mitglied der Sondereinheit verursachten Verletzungen stehe (Hervorhebungen durch mich).
Ich will den Fall und das bisherige Ergebnis nicht kommentieren. Die Beschwerde des a.o. Staatsanwalts führt nun aber wenigstens zum Ergebnis, dass das ausnahmsweise erstaunlich milde Obergericht AG (180 Tagessätze bedingt) nochmals über die Bücher muss (BGer 6B_258/2018 vom 24.01.2019).
Ich mag den Fall auch nicht weiter kommentieren. Hingegen möchte ich den Fokus mal auf einen Nebenschauplatz richten, jenen des “ausserordentlichen Staatsanwaltes”, der in diesem Fall amtete. Es kommt immer ja wieder vor, dass solche gesucht und eingesetzt werden, z.B. – wie hier – wegen zu grosser beruflicher Nähe zwischen StA und Beschuldigten. Wo findet man einen a.o. StA ? Nun, jedes Jahr werden in diesem Land so und so viele Staatsanwältinnen und Staatsanwälte pensioniert, Personen mit grosser Erfahrung, Umsicht, mit Sinn für das Mögliche und eher Unmögliche und mit Augenmass. Man müsste meinen, dass es gelingen sollte, jeweils den einen / die eine oder den anderen / die andere für die Übernahme eines solchen Einzelmandates zu gewinnen. Aber leider haben da die zuständigen Behörden nicht immer eine glückliche Hand. Vor ein paar Wochen war hier ein Beitrag zu lesen (“Behinderte Prozesse”), in welchem ein unbedarfter Anwalt aus der (solothurnischen!) Provinz als a.o. Anwalt des Bundes vom Bundesstrafgericht abgewatscht wurde, indem die Anklage “zur Verbesserung im Sinne der Erwägungen” zurückgewiesen wurde, und zwar aus mehreren Gründen. Und hier ? Es erschliesst sich mir auch heute noch nicht, weshalb die zuständige Aufsichtskommission dazu kam, anfangs 2015 einen Youngster-Anwalt (Patentierung 2013) aus dem Kanton Zug einzusetzen. Ok, in seinem früheren Leben war er während ein paar Monaten StA im beschaulichen Kanton OW, aber das kann ja keine ernsthafte Referenz sein. Dementsprechend war auch sein Auftritt im vorliegenden Fall – um es mal so auszudrücken – suboptimal; auf Einzelheiten möchte ich hier nicht eingehen. Aber nun hat er sich ein neues Mandat gekratzt: A.o. StA im Kanton GR in Sachen Adam Quadranti. Nun den: Glück auf !
Ich kann die Arbeit dieses a.o. StA nicht beurteilen. Aber für einen derart heiklen Fall einen Youngster einzusetzen ist tatsächlich schwer verständlich.
Ich verstehe die Kritik am a.o. StA nicht. Er obsiegte mit seiner BGer-Beschwerde!? Als Aussenstehender würde ich sagen, Job well done — ob Greenhorn oder nicht…