Toleranz vor Strafrecht
Das Bundesgericht weist eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft FR ab und bestätigt den Freispruch von sieben Aktivisten, die mit einer unbewilligten Demonstration für ein paar Stunden einen Zugang zu einem Einkaufszentrum in Fribourg blockierten (BGer 6B_138/2023 vom 18.20.2023). Anders als in früheren vergleichbaren Entscheiden argumentiert das Bundesgericht hier allein auf Tatbestandseben, nicht auf der Rechtfertigungsstufe.
Au vu des circonstances, notamment de la possibilité d’emprunter d’autres entrées/sorties, l’obstruction de l’entrée principale du centre commercial qui était en lien direct avec le but de la manifestation ne saurait en conséquence constituer une perturbation sérieuse de la vie quotidienne et constituer un “acte répréhensible”. La cour cantonale pouvait ainsi admettre que l’action des intimés était protégée par la liberté d’expression et de réunion et les libérer du chef de prévention de l’infraction de contrainte (E. 3.4.2).
Der Entscheid ist wohl nicht als Grundsatzentscheid zu verstehen und erging bloss in Dreierbesetzung. Er ist derart einzelfallspezifisch, dass man sich in Zukunft kaum auf ihn berufen kann:
Les limites de la tolérance que les autorités sont censées démontrer à l’égard d’un rassemblement illicite dépendent des circonstances particulières de l’espèce, notamment de la durée et de l’ampleur du trouble à l’ordre public causé par le rassemblement ainsi que de la question de savoir si ses participants se sont vu offrir une possibilité suffisante d’exprimer leurs opinions […] (E. 3.3.2).
Das lässt ja dann sehr viel Interpretation für kommende Einzelfälle zu.
Was ich nicht verstehe ist, wieso hier eine Medienmitteilung verbreitet wird, wenn das Bundesgericht doch bloss den unbedeutenden Einzelfall entschieden hat. Ein politisches Signal will es sicher nicht setzen, tut aber natürlich genau das,
Das ist halt die Pressegeilheit von den Damen und Herren des Gerichts. Zeigt ihr bescheidene Qualität
Das BGer ist gesetzlich verpflichtet, die Öffentlichkeit in geeigneter Form über dessen Tätigkeit zu informieren. Bei der hier angesprochenen Informationspflicht geht es um die allgemeine Öffentlichkeit, nicht um die Information von uns Juristen. Der Entscheid scheint mir durchaus geeignet, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass das BGer auch für den Bürger diskussionswürdige Entscheide fällt. Aus meiner Sicht ist die Medienmitteilung in keiner Weise kritikwürdig.