Treuwidriges Obergerichtsurteil
Die Beschwerdekammer des Obergerichts SO hat einem Beschuldigten trotz Einstellung des Verfahrens den Ersatz seiner Anwaltskosten verweigert. Das Obergericht führte aus, es hätten sich zu keinem Zeitpunkt komplexe tatsächliche oder rechtliche Fragen gestellt, die zwingend den Beizug eines Verteidigers erfordert hätten.
Damit disqualifizierte das Obergericht zunächst und primär die Staatsanwaltschaft, die in diesem offenbar so simplen Fall einen Strafbefehl erlassen hatte, wenn auch einen offensichtlich unberechtigten (Art. 352 Abs. 1 StPO). Jedenfalls hat das Obergericht selbst auch Bundesrecht (Art. 429 StPO) verletzt (BGer 7B_21/2022 vom 21.03.2024) und wird vom Bundesgericht sanft auf seine widersprüchliche Argumentation hingewiesen:
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Nachdem der Beschwerdeführer zunächst einen verurteilenden Strafbefehl erhalten hat, in dem ihm Gehilfenschaft zur Fälschung von Ausweisen vorgeworfen worden ist, mandatierte er einen Rechtsanwalt. Auf dessen Einsprache hin forderte die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer bzw. den Rechtsanwalt auf, die Einsprache entgegen der Bestimmung von Art. 354 Abs. 2 StPO und damit ausserhalb der gesetzlich vorgesehenen Abläufe zu begründen. Die Staatsanwaltschaft konnte in der Folge bei ihrem Einstellungsentscheid auf die geordnete und auf den konkreten Deliktsvorwurf fokussierte Tatsachendarstellung abstellen, die ein professioneller Rechtsvertreter in der staatsanwaltlich eingeforderten Einsprachebegründung vorgenommen hat. Dem Beschwerdeführer unter diesen Umständen vorzuwerfen, die Sache sei klar bzw. wenig komplex, weshalb sich die Ausrichtung einer Parteientschädigung erübrige, hat etwas in sich Widersprüchliches, ist doch die Klarheit gerade dem Umstand zu verdanken, dass sich ein professioneller Verteidiger des Falles angenommen hat. Das gilt umso mehr, als Tatbestände wie namentlich Urkundenfälschung und Figuren wie Mittäterschaft und Gehilfenschaft im Raum standen. Damit kann aber dem Beschwerdeführer eine Entschädigung für die Ausübung seiner Verfahrensrechte nach Treu und Glauben nicht verweigert werden (E. 2.4, Hervorhebungen durch mich).
Treuwidrigkeit hat das Bundesgericht auch gleich nachgeschoben.