Trotz Vorbefassung nicht befangen

Eine Beschwerdeführerin hat beim Bundesgericht (BGer 6B_959/2008 vom 22.01.2009) erfolglos die Vorbefassung einer Sachverständigen geltend gemacht (Art. 29 ABs. 1 BV), deren Meldung zur Einleitung des Strafverfahrens gegen die Beschwerdeführerin geführt hatte. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab:

Wiewohl es unter dem Aspekt der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Sachverständigen problematisch sein kann, eine Person, die sich schon früher mit der Angelegenheit befasste oder deren Feststellungen oder Meldungen zur Einleitung des Strafverfahrens führten, als Gutachter zu bestellen, begründet der Umstand, dass Dr. B. das Kind A. bereits vorgängig am 11. August 2005 körperlich untersucht und den Fall gemeldet hatte, entgegen der Beschwerde nicht den Anschein der Befangenheit im Sinne einer unzulässigen Vorbefassung. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Dr. B. nie verschiedenen Funktionen, beispielsweise diejenige einer behandelnden Ärztin, inne hatte bzw. wahrnahm, sondern von Anfang erkennbar als aussenstehende Sachverständige auftrat bzw. beigezogen wurde und ihre vorgängige Befassung, die körperliche Untersuchung des Kindes, keinen Einfluss auf irgendeinen Entscheidungsspielraum hatte, zumal es hier – etwa im Unterschied zu einer psychiatrischen Begutachtung – um die Feststellung eines objektiven Verletzungsbilds ging, das keine Wertungen beinhaltet (E. 2.4).

Ich will nicht behaupten, der Entscheid sei falsch. Dr. B als Gutachterin einzusetzen war aber bestimmt nicht klug und dürfte das Vertrauen der Beschwerdeführerin in eine unabhängige Strafjustiz kaum gefördert haben.