Trotz Zweifel an Schuldfähigkeit verurteilt

Das Bundesgericht zieht die Notbremse in einem Fall, der zur Verurteilung wegen übler Nachrede führte, obwohl Zweifel an der Schuldfähigkeit des Verurteilten bestanden. (BGer 6B_810/2015 vom 12.05.2016).

Die Basler Justiz erhält eine weitere Quittung aus Lausanne, die trotz moderatem Ton im Grunde ziemlich heftig ist:

Diese wiederholten Hinweise sowie die jeweiligen Einschätzungen der beiden Vorinstanzen selbst sprechen dafür, dass diese ernsthafte Zweifel an der vollen Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers hätten haben sollen oder allenfalls sogar hatten. So führte das erstinstanzliche Gericht aus, die inkriminierten Behauptungen des Beschwerdeführers seien von den meisten Personen nicht allzu ernst genommen worden, wohl weil “den Anschuldigungen erkennbar eine gewisse Fehlwahrnehmung zugrunde liegt”. Dem Beschwerdeführer falle es schwer, von seiner Wahrnehmung abzurücken und die Realität wahrzunehmen. Die Vorinstanz ihrerseits hielt fest, “die ganzen Anwürfe erscheinen vielmehr als ein Konstrukt seiner Phantasie, welches durchaus schon Krankheitswert erreicht haben dürfte”.
Indem die Vorinstanz die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers trotz der Zweifel, die sie hätte haben sollen oder sogar äusserte, nicht durch eine sachverständige Person abklären liess, verletzte sie Bundesrecht. Die Rüge erweist sich als begründet (E. 1.3).