Typisch Mord!

Wer sich nach einer Straftat den Fluchtweg freischiesst und dabei einen Menschen tötet, offenbart die für den Mord erforderliche Skrupellosigkeit (BGer 6B_939/2013 vom 17.06.2014). Das Bundesgericht bestätigt damit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2012 und kann sich zudem auf das eben erst erschienene Lehrbuch von Pieth stützen, das auf weniger Seiten mehr Inhalt präsentiert als andere. Aber zurück zum zitierten Urteil:

Im erwähnten Urteil 6B_198/2012 vom 31. Mai 2012 E. 2.1.2 führte das Bundesgericht aus, bei der Fluchtsicherung liege die Skrupellosigkeit nicht im stossenden Verhältnis zwischen der Auslöschung eines Menschenlebens und der Aneignung fremden Vermögens. Es gehe um ein anderes, jedoch nicht minder krasses und daher ebenfalls skrupelloses Missverhältnis. Der Beschuldigte habe einen Menschen getötet, um nach einem misslungenen Raubversuch die Flucht zu sichern. Diesem Urteil zustimmend hält MARK PIETH fest, die Tötung eines Menschen insbesondere beim Raub, um den Tatort so schnell und unbehelligt wie möglich zu verlassen, gelte typischerweise als Mord (Strafrecht, Besonderer Teil, 2014, S. 16 f.) [E. 3.2.1].

Der auch sprachlich elegant begründete Entscheid des Bundesgerichts äussert sich zudem zur Mittäterschaft und den mit ihr einhergehenden beweisrechtlichen Fragen:

Das Konzept der Mittäterschaft bewirkt eine materiellrechtlich begründete Beweiserleichterung bei der Zurechnung von Teilaspekten einer Tat an die Mittäter. Führen verschiedene Personen gemeinsam strafbare Handlungen insbesondere in örtlich, zeitlich oder funktionell unterschiedlichen Zusammenhängen arbeitsteilig aus, schneidet das Institut der Mittäterschaft einem Mittäter den Einwand ab, es habe jeweils ein Anderer die fragliche Teilhandlung ausgeführt, er könne dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, denn er habe das weder getan noch davon auch nur Kenntnis gehabt. Das Zusammenwirken im konkludenten Handeln begründet Mittäterschaft. In diesen Fällen ist das Vorliegen der eine Mittäterschaft begründenden Tatsachen im Beweisverfahren nachzuweisen. Hingegen muss nicht jedem Beteiligten jede Teilhandlung eines komplexen Tatgeschehens im Detail nachgewiesen und akribisch zugeordnet werden. Wer die Kriterien der Mittäterschaft erfüllt, muss sich die Taten seiner Mittäter grundsätzlich zurechnen lassen (Urteil 6B_557/2012 vom 7. Mai 2013 E. 2.7) [E. 2].