U-Haft: Anrechnung statt Entschädigung

Das Bundesgericht kassiert ein Urteil, das die Rechtsprechung seit BGE 133 IV 150 E. 5.1 S. 155 f. nicht berücksichtigt oder nicht richtig interpretiert hat (BGer 6B_346/2009 vom 16.06.2009). Das Bundesgericht stellt klar:

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verletzt die Ausrichtung einer Haftentschädigung anstelle der Anrechnung der Überhaft auf den in einem anderen Verfahren angeordneten Vollzug Bundesrecht. Im Bereich der Haftanrechnung haben weder der Grundsatz der Tat- noch jener der Verfahrensidentität länger Geltung. Es gilt der Grundsatz, dass zu entziehende Freiheit wenn immer möglich mit bereits entzogener Freiheit zu kompensieren ist (…., E. 1.4).

Die Vorinstanz verweist für ihre Begründung, wonach die Anrechnung der Haft nur bei einer Verurteilung erfolge, auf die Literatur. Sie folgert, bei einem Freispruch sei deshalb Art. 51 StGB nicht anwendbar (…). Damit verkennt die Vorinstanz die bundesrechtliche Rechtsprechung, wonach der Grundsatz der Tatidentität nicht mehr gilt. Für die Anrechnung ist lediglich erforderlich, dass eines von mehreren Strafverfahren zu einer Verurteilung führt. Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung ist unerheblich, dass die Untersuchungshaft bzw. der vorzeitige Strafvollzug anlässlich des vorliegenden Verfahrens erfolgte, welches zu einem Freispruch geführt hat (…). Die Rüge der Verletzung von Art. 51 StGB erweist sich demnach als begründet. Ziffer 5 des angefochtenen Urteils ist aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Diese wird die nach Anrechnung der Untersuchungshaft bzw. des vorzeitigen Strafvollzugs verbleibende Überhaft neu zu berechnen sowie die daraus resultierende Genugtuung neu zu bemessen haben (1.5).