Über ungenügende Verteidigung und befangene Richter

Das Bundesgericht heisst – wiederum die Justiz des Kantons Zürich betreffend – eine Beschwerde wegen Befangenheit von Richtern gut (BGer 1B_270/2007 vom 21.07.2009; das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren dauerte offenbar fast zwei Jahre). Der Prozessverlauf gleicht einer wahren Odyssee und muss im verlinkten Urteil nachgelesen werden. Hier die entscheidenden Erwägungen des Bundesgerichts zur Frage des Ausstands:

Das erste in der Sache ergangene Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 5. Dezember 2001 wurde aufgehoben, weil dem Beschwerdeführer kein amtlicher Strafverteidiger beigegeben worden war. Das zweite Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 3. September 2003 sowie der dieses Urteil aufhebende Entscheid des Obergerichts litten ebenfalls am Verfahrensmangel der ungenügenden Strafverteidigung. Deshalb hob das Kassationsgericht das obergerichtliche Urteil am 4. Oktober 2005 auf und wies die Sache zur Wiederholung des Verfahrens an das Bezirksgericht zurück. Dem kassationsgerichtlichen Urteil ist zu entnehmen, dass der Präsident des Bezirksgerichts die Strafverteidigerin des Beschwerdeführers ausdrücklich darauf hinwies, dass noch nicht zu allen Punkten plädiert worden war (…). Dennoch kam die Strafverteidigerin des Beschwerdeführers ihren diesbezüglichen Pflichten im erstinstanzlichen Verfahren nicht nach. Der Präsident des Bezirksgerichts hätte deshalb einen neuen amtlichen Strafverteidiger bestellen müssen, was er aber unterliess. In der Folge fällten die drei vom Ausstandsbegehren betroffenen Richter ihr Urteil im Wissen darum, dass der Beschwerdeführer nicht hinreichend vertreten war. Damit brachten sie zumindest sinngemäss zum Ausdruck, dass sie davon ausgehen, selbst bei einer rechtsgenüglichen Vertretung würden sie kein anderes Urteil fällen. Sie haben dadurch den Anschein erweckt, dass selbst neue Argumente eines neuen Strafverteidigers nicht zu einem anderen Urteil führen könnten.

Angesichts dieser Haltung bestehen begründete Zweifel daran, dass die gleichen Richter in der Lage wären, allfällige Vorbringen des neuen amtlichen Strafverteidigers unvoreingenommen zu prüfen und bei der Fällung des neuen Urteils einzubeziehen. Unter den erwähnten besonderen Umständen (vgl. E. 4.2 hiervor) drängt sich somit ausnahmsweise die Annahme eines Ausstandsgrundes für die drei abgelehnten Richter auf, die im erstinstanzlichen Verfahren mitgewirkt haben. Die Garantie des unvoreingenommenen und unbefangenen Richters wird schon verletzt, wenn bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein von Befangenheit besteht. Dieser Anschein kann hier nicht von der Hand gewiesen werden. Eine strenge Handhabung der Garantie rechtfertigt sich, wie gesagt, mit Blick auf die Unschuldsvermutung (E. 4.3).

Spannend ist hier v.a. die Verknüpfung der beiden Garantien des verfassungsmässigen Richters und der Unschuldsvermutung.