Über 5 Jahre für eine Haftprüfung (und kein Ende absehbar)
Im Frühling 2015 beschloss das zuständige Gericht, dass eine im Jahr 2004 angeordnete Verwahrung nach neuem Recht weitergeführt werde. Diesen Entscheid hat der Verwahrte erfolgreich angefochten, musste dafür aber bereits zweimal das Bundesgericht anrufen (vgl. das aktuelle Urteil BGer 6B_415/2020 vom 04.11.2020; vgl. auch meinen früheren Beitrag). Im zitierten Entscheid weist das Bundesgericht die Sache zum zweiten Mal an das Obergericht ZH zurück mit folgendem “Auftrag”:
Dazu, welche konkreten Risiken aufgrund dieser noch vorhandenen Fähigkeiten vom Beschwerdeführer ausgehen, äussert sich der Gutachter nicht. Die Sache ist deshalb zur Ergänzung des Gutachtens und beförderlicher Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen (E. 1.3.2).
Der Beschwerdeführer kämpft nun seit über fünf Jahren um seine Entlassung. Die zürcherische Justiz hat es in fünf Jahren nicht geschafft, ein rechtskräftiges Urteil zu produzieren. Wie heisst es in Art. 5 Ziff. 4 EMRK?
Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn der Freiheitsentzug nicht rechtmässig ist.
Deshalb wurde die Schweiz vom EGMR bereits schon zweimal verurteilt.
2016 im Fall Derungs (https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22languageisocode%22:[%22FRE%22],%22appno%22:[%2252089/09%22],%22documentcollectionid2%22:[%22CHAMBER%22],%22itemid%22:[%22001-162763%22]})
und 2019 im Fall Gfeller (https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22fulltext%22:[%22Gfeller%22],%22documentcollectionid2%22:[%22GRANDCHAMBER%22,%22CHAMBER%22,%22DECISIONS%22],%22itemid%22:[%22001-196532%22]})
Es wäre wünschenswert wenn die Anwälte diese Urteile jeweils zitieren würden. Vielleicht bewegt sich dann mal was in Sachen überlanger Haftentlassungsgesuche. Zürich sollte es ja eigentlich wissen.
Das BGer hat für ca. 3 Seiten mehr als 6 Monate benötig. Da wäre ich vorsichtig, mit dem Verfahrensbeschleunigungsfinger auf andere zu zeigen.
Ja kommen Sie jetzt, er hat ja nur einen Anspruch auf einen Entscheid, es gab ja viele Entscheide bisher, ich meine das diese nicht Rechtskräftig werden konnten, das ist die Schuld des Beschwerdeführers, hätte der mal nicht immer Rechtsmittel eingelegt….
Völlig logisch ist das in unserer Rechtsordnung. Ich meine wenn ein Staatsanwalt einen völlig unverhältnissmässigen Strafbefehl erlässt und es dann zum Hauptverfahren kommt, wo man anstatt für Vergehen zB für eine Übertretung schuldig ist, bleibt man ja auch Verantwortlich fürs Verfahren und auf den Kosten sitzen….was dann oftmals mehr ist als die Geldstrafe die auf Bewährung für das Vergehen verhängt wurde…