Überjähriges Rayonverbot nicht unverhältnismässig

Ob ein Rayonverbot überhaupt geeignet sein kann, Wiederholungsgefahr in Bezug auf Gewaltdelikte zu reduzieren, könnte man durchaus kontrovers diskutieren. In einem vom Bundesgericht behandelnden Fall ging es auch darum zu prüfen, ob die Dauer eines inzwischen überjährigen Rayonverbots noch verhältnismässig sein kann (BGer 1B_167/2021 vom 05.05.2021, Fünferbesetzung):

Zur Eignung …

Diese Rüge ist unbegründet. Es mag zwar sein, dass sich der Beschwerdeführer und der Geschädigte gelegentlich (auf Distanz) begegnen, weil sie in der gleichen Gemeinde wohnen, und eine tätliche Auseinandersetzung deshalb auch an einem Ort stattfinden könnte, der vom Rayonverbot nicht betroffen ist. Das ändert allerdings nichts daran, dass die strittigen Ersatzmassnahmen das Risiko einer tätlichen Auseinandersetzung zumindest reduzieren, indem etwa ein Abpassen des Geschädigten vor seinem Wohnblock, wie es am 27. Januar 2020 geschehen sein soll, einen Verstoss gegen das Rayonverbot erforderlich macht. Sie sind daher nicht gänzlich ungeeignet. Dass die Ersatzmassnahmen aus anderen Gründen als den bereits geprüften unverhältnismässig wären, macht der Beschwerdeführer im Weiteren zu Recht nicht geltend (E. 6.2).

… und zur Dauer:

Mit Blick darauf, dass diese Massnahmen seit über einem Jahr gelten und bereits vier Mal verlängert wurden, ist die Staatsanwaltschaft indes gehalten, nunmehr beförderlich zum Verfahrensabschluss zu kommen und Anklage zu erheben (Art. 5 Abs. 1 StPO). Das gilt umso mehr, als dadurch über die Zulässigkeit einer allfälligen weiteren Verlängerung der Ersatzmassnahmen in Kenntnis und unter Berücksichtigung der Anklage entschieden werden kann (E. 6.3).