Überlastung der Justiz

Die Staatsanwaltschaft überweist einen ungültigen Strafbefehl gegen eine nicht anwaltlich vertretene Beschuldigte wegen Fälschung von Ausweisen (Art. 252 Abs. 3 StGB) an das zuständige Gericht. Dieses erkennt nach dem Aktenstudium, dass der angeblich gefälschte Ausweis nach dem Beweisergebnis gar nicht ausgestellt wurde, was die zuständige Staatsanwältin nicht daran gehindert hatte, für den Strafbefehl folgenden Sachverhalt zu erfinden:

Nach Erhalt des Maskendispensations-Attests [das Dossier enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass jemals ein Attest ausgestellt wurde] gebrauchte die Beschuldigte das entsprechende [nicht existierende] Zeugnis, um in der Öffentlichkeit nicht die aufgrund der herrschenden Corona-Pandemie durch den Bundesrat angeordneten obligatorischen Gesichtsmasken tragen zu müssen, womit sie ein Zeugnis zur Täuschung gebrauchte (Klammerbemerkungen durch mich).

Das war dann auch der Verfahrensleitung zu viel, die dann aber einem Reflex erlag, dem viele Richter erliegen: sie änderte kurzerhand den Sachverhalt und griff zur (versuchten) Anstiftung. Die entsprechende Verfügung an die inzwischen vertretene Beschuldigte lautet wie folgt:

Den Parteien wird mitgeteilt, dass das Gericht den Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung zur Fälschung von Bescheinigungen, Art. 252 Abs. 2 i. V. m. Art. 24 Abs. 1 StGB bzw. betreffend dem Versuch dazu, Art. 252 Abs. 2 i. V. m. Art. 24 Abs. 2 und Art. 22 Abs.1 StGB prüft.

Wer sieht’s? Und wann wird die Ausstellung eines Strafbefehls zur strafbaren Handlung?