Überzeugende, aber aussichtslose Beschwerde
Dass die Willkürkognition Gift für die Qualität der Rechtsprechung ist, habe ich hier schon oft angesprochen. Sie führt dazu, dass auch falsche Urteile bestätigt werden müssen; jedenfalls dann, wenn sie nicht krass falsch sind. Dass sich die Willkürkognition primär bei reinen Beweisfragen zur Anwendung kommt, mag auf den ersten Blick ja noch hinzunehmen sein. Dass sie aber auch bei gewissen Rechtsfragen gilt (Anwendung kantonalen Rechts) erscheint als gesetzgeberische Fehlleistung.
Über die Willkürkognition stolperte jüngst ein Beschwerdeführer sowohl bei der Beweiswürdigung als auch bei der Anwendung kantonalen Rechts (BGer 6B_304/2015 vom 14.09.2015). Bei der beweisrechtlichen Kognitionsbeschränkung ist nämlich zu beachten, dass sie auch für den Sachverständigenbeweis gilt:
Ob ein Gericht die in einem Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend hält oder nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen der Experten folgen soll, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die mit Beschwerde an das Bundesgericht wegen Verletzung des Willkürverbots aufgeworfen werden kann. Dasselbe gilt für die Frage, ob ein Gutachten in sich schlüssig ist (E. 2.2.2).
Damit sind dann auch in sich unschlüssige Gutachten verbindlich, solange sie in sich nicht krass unschlüssig sind. Auf den Fall angewendet heisst das dann:
Die theoretischen wissenschaftlichen Ausführungen in seiner Beschwerde zur Glaubhaftigkeitsbegutachtung mögen zwar ebenfalls überzeugen. Damit ist allerdings noch nicht belegt, dass nicht auch ein anderes gutachterliches Vorgehen zu einem korrekten Ergebnis führen kann bzw. dass das umstrittene Gutachten den vom Beschwerdeführer postulierten Standards nicht genügt. Diesbezüglich erschöpfen sich seine Einwände in einer unzulässigen appellatorischen Kritik (E. 2.4).
Im zitierten Fall kan noch kantonales Prozessrecht zur Anwendung. Das wurde zwar auch falsch angewendet, aber nicht krass falsch. Der Beschwerdeführer hatte willkürliche Anwendung kantonalen Rechts gewrügt:
Die Vorinstanz lege § 14 Abs. 2 aStPO/BS willkürlich aus, wenn sie davon ausgehe, eine notwendige Verteidigung sei erst für das Hauptverfahren vorgesehen. Dies verletze auch seinen Anspruch auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 EMRK (E. 1.1).
Darauf trat das Bundesgericht nicht ein, weil er die Willkür nicht begründet hat:
Auf den Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe § 106 ff. aStPO/BS falsch angewandt, ist nicht einzutreten, da dieser nicht aufzeigt, inwiefern die vorinstanzliche Auslegung geradezu willkürlich sein könnte. Weshalb dem Beschwerdeführer gestützt auf Bundesrecht ein Teilnahmerecht an der Befragung der Beschwerdegegnerin 2 vom 10. Februar 2010 zugestanden haben soll, ist nicht ersichtlich.
Er hat ja immerhin auch eine Verletzung von Art. 6 EMRK gerügt. Dazu sagt das Bundesgericht der Einfachheit halber aber nichts und schmettert die Beschwerde samt der beantragten unentgeltlichen Rechtspflege als aussichtslos ab.
“Soweit sich [der Beschwerdeführer] sinngemäss auf Art. 147 Abs. 1 StPO beruft [verwehrte Teilnahmemöglichkeit vorbringend], ist er nicht zu hören, da diese Bestimmung im Zeitpunkt der beanstandeten Einvernahme vom 10. Februar 2010 [richtig vom 10. August 2011, vgl Vorinstanz, E2.2*] noch nicht in Kraft war” (vgl E1.3).
*”Ferner verlangt der Berufungskläger auch im Berufungsverfahren, dass die Einvernahme der Privatklägerin vom 10. August 2011 aus den Verfahrensakten zu entfernen sei.”, vgl Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Urteil vom 26. November 2014, E2.2 1. Satz.
Die StPO hat ein Inkrafttretensdatum vom 1.1.2011 und war am gerügten Einvernahmedatum vom 10. August 2011 somit in Kraft.