Undurchsichtiger Diamantenveredelungshandel und uneinheitliche Rechtsprechung

Das Bundesgericht weist in Fünferbesetzung eine Beschwerde ab, in welcher ein Beschwerdeführer u.a. geltend gemacht hat, er lebe seit fünf Jahren deliktsfrei. Dies wegen eines neu eröffneten hängigen Verwaltungsstrafverfahrens nicht strafmindernd zu berücksichtigen verletze die Unschuldsvermutung. Dazu das Bundesgericht (BGer 6B_882/2009 vom 30.03.2010):

Die Vorinstanz berücksichtigt die mehr als fünfjährige deliktsfreie Zeit des Beschwerdeführers bei der Strafzumessung nicht, da aufgrund des hängigen Zollverfahrens sowie seiner heutigen beruflichen Tätigkeit Bedenken verblieben. Dies ist nicht zu beanstanden (E. 2.5).

Darin liege keine Verletzung der Unschuldsvermutung:

Die Vorinstanz berücksichtigt das Zollübertretungsverfahren lediglich als Bestätigung der “undurchsichtigen Tätigkeit im Diamantveredelungshandel”. Zudem entschied das Bundesgericht in einem kürzlich ergangenen Urteil, dass der Einbezug der in einem hängigen Strafverfahren zugegebenen Tatsachen bei der Prognosebeurteilung zulässig ist (Urteil 6B_459/2009 vom 10. Dezember 2009 E. 1.2; so schon im Urteil 6P.31/2003 vom 8. August 2003 E. 1.3). Ebenso dürfen auch nicht abgeurteilte Vortaten, die Schlüsse auf das Vorleben und den Charakter eines Täters zulassen, mit der erforderlichen Zurückhaltung bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten beachtet werden (Urteil 6S.145/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 6.2). Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht dargelegt, inwiefern vorliegend anders zu entscheiden wäre (E. 2.6, Hervorhebungen durch mich).

Erstens: Was ist unter “erforderlicher Zurückhaltung” zu verstehen? Zweitens: Das hat die selbe Abteilung doch auch schon anders entschieden (vgl. meine früheren Beiträge hier und hier). In BGer 6B_1017/2008 vom 24.03.2009 führte sie noch aus:

Die Vorinstanz hat für die Frage der Prognose unter anderem auf ein hängiges Ermittlungsverfahren abgestellt. Dies ist unzulässig, weil der Verfahrensausgang nicht feststeht (E. 5.2.1).

Im Moment steht es 3:1 für die Berücksichtigung hängiger Untersuchungen. Ich bin gespannt, ob die Unschuldsvermutung diesen Rückstand wieder aufholen kann.