Unermüdlicher Kampf gegen gerichtlich angeordnete Haftentlassung

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern kämpft so verbissen gegen die Freilassung eines ehemaligen Straftäters, dass sie selbst nach Aufhebung der stationären Massnahme (Aussichtslosigkeit) die neuerliche Anordnung einer stationären Massnahme bzw. sogar die Verwahrung durchsetzen wollte. Nachdem beide Anträge abgewiesen wurden und das Kantonsgericht die Haftentlassung angeordnet hat, beantragte die Staatsanwaltschaft beim Bundesgericht Sicherheitshaft, die der Abteilungspräsident einstweilen bewilligt hat (die Staatsanwaltschaft hat die von der Vorinstanz entschiedene Haftentlassung angefochten und aufschiebende Wirkung der Beschwerde beantragt).

Knapp zwei Wochen später hat das Bundesgericht dann in Fünferbesetzung (so viel Verantwortung will breit verteilt sein) die Haftentlassung angeordnet (BGer 1B_3129/2016 vom 13.09.2016). Die Frage, wer in einem solchen Fall Sicherheitshaft anordnen kann, lässt das Bundesgericht offen:

Sinngemäss macht der Beschwerdegegner damit geltend, die Vorinstanz habe ihn ungeachtet allfälliger Haftgründe aus der Haft entlassen müssen und wäre gar nicht zuständig gewesen, die Fortführung der Sicherheitshaft anzuordnen. Die Vorinstanz scheint gleicher Ansicht zu sein (…). Wie es sich damit verhält, kann vorliegend offen bleiben, da – wie nachfolgend aufzuzeigen ist – ohnehin kein besonderer Haftgrund im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO besteht und der Beschwerdegegner unmittelbar aus der Haft zu entlassen ist (E. 2).

Diese Erwägung ist insofern unverständlich, als die Vorinstanz ja nicht die Haft, sondern die Haftentlassung angeordnet hat. Nicht klar ist mir auch, wieso das Bundesgericht auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft überhaupt eingetreten ist. Das alles war aber offenbar nicht so wichtig, weil ohnehin kein Haftgrund vorlag:

Nach dem Ausgeführten ist von einer moderaten Wahrscheinlichkeit auszugehen, dass der Beschwerdegegner nach der Entlassung aus der Sicherheitshaft erneut schwere Gewaltdelikte begehen könnte. Etwas höher einzuschätzen ist zwar die Wahrscheinlichkeit, dass er im Rahmen milieuspezifischer Konstellationen Delikte begehen könnte. Dabei handelt es sich allerdings um weniger schwere (potenzielle) Delikte. Zudem hat der Beschwerdegegner sich anlässlich einer Einvernahme durch das Kantonsgericht am 24. Juni 2016 hinsichtlich seiner problematischen Vergangenheit einsichtig gezeigt. Er hat erklärt, er würde im Falle einer Freilassung zu seiner Frau zurückgehen bzw. mit ihr reisen gehen und beteuert, sich von Gruppierungen von der Art, in der er sich früher aufhielt, fernhalten zu wollen. Dass ihm dies gelingt, erscheint durchaus möglich. Gesamthaft betrachtet lässt sich unter den gegebenen Umständen eine Fortführung der Sicherheitshaft des Beschwerdegegners wegen Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO nicht rechtfertigen (E. 4.6).

Der eigentliche Hammer kommt in einem obiter dictum, aus dem hervorgeht, dass der Betroffene gar nicht schwer gestört zu sein scheint:

Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass das erwähnte Gutachten vom 27. April 2016 zum Schluss kommt, der Beschwerdegegner leide nicht an einer schweren psychischen Störung und die Weiterführung einer stationären therapeutischen Massnahme sei nicht sinnvoll bzw. nicht indiziert und nicht erfolgversprechend (E. 5).

Man darf gespannt sein, wer hier wie über die Ansprüche aus ungerechtfertigter Haft entscheiden wird. Vielleicht fällt der Staatsanwaltschaft aber doch noch ein Weg ein, wie man den Betroffenen doch noch wegsperren kann. Ich wüsste einen.