Unglaubhafte Aussagen alter Motorradfahrer-Kollegen
In einem heute online gestellten Entscheid (Urteil 1P.227/2006 vom 30.06.2006) bestätigt das Bundesgericht die Verurteilung eines Motorradfahrers, obwohl seine Beweismittel nicht gewürdigt worden waren und obwohl drei Zeugen für ihn ausgesagt hatten. Aus dem Erwägungen des Bundesgerichts:
Zur behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs:
War die Berechnung somit nicht geeignet, das Beweisergebnis zu beeinflussen,konnte sie das Obergericht ohne Gehörsverletzung stillschweigend übergehen, ohne sich dazu im angefochtenen Entscheid ausdrücklich zu äussern. Die Gehörsverweigerungsrüge ist unbegründet (E. 4).
Zur Würdigung der Zeugenaussagen: Hier wurde den Zeugen vorgeworfen, sie hätten bei der Polizei (teilweise am Telefon!) anders ausgesagt als vor Obergericht:
Es trifft zwar durchaus zu, dass die Version des Beschwerdeführers durch die Zeugenaussagen seiner Begleiter gestützt werden. Unzutreffend ist, dass sie das Obergericht aus willkürlichen Gründen als unglaubhaft zurückwies. Auch wenn dem Beschwerdeführer zuzustimmen ist, dass im Polizeiprotokoll vom 25. Juni 2002 die Aussagen von D. und C. kaum so wörtlich erfolgten, wie sie niedergeschrieben sind, so ist kein Grund erkennbar, weshalb darin nicht deren wesentlicher Gehalt korrekt wiedergegeben sein sollte. Beide haben danach unmittelbar nach dem 23. Juni 2002 unmissverständlich ausgesagt, nicht gesehen zu haben, wie es zum Zwischenfall gekommen sei. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Obergericht den Aussagen, die die beiden Jahre später als Zeugen machten und nach denen sie ein abruptes Bremsmanöver gesehen haben wollen, Skepsis entgegenbringt, zumal es sich bei den beiden, wie auch bei B., der das Bremsmanöver von A. ebenfalls bestätigt, um alte Motorradfahrer-Kollegen des Beschwerdeführers handelt. Auf jeden Fall legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern das Obergericht in Willkür verfallen ist, indem es auf die Aussagen von A. abstellte und sich von denjenigen des Beschwerdeführers und seiner drei Kollegen nicht überzeugen liess.
Und schliesslich:
Dass es kein Strafverfahren gegen die drei Zeugen wegen falscher Zeugenaussage einleiten liess, ist nachvollziehbar: dass diese das Obergericht nicht überzeugten, stellt noch keinen genügenden Beweis dafür dar, dass sie falsch seien. Daraus kann jedenfalls nicht der Umkehrschluss gezogen werden, es habe deren Aussagen für wahr gehalten. Die Willkürrüge ist offensichtlich unbegründet (E. 5.4).
Vor allem das letzte Argument des Bundesgerichts kann ich schlecht nachvollziehen. Es mag ja sein, dass das Obergericht die beiden Zeugen nicht wegen falschen Zeugnisses anzeigen musste, wenn es ihnen nicht glaubte. Vor dem Hintergrund der Unschuldsvermutung überzeugt die Begründung allerdings nicht. Aber die Unschuldsvermutung zählt im Strassenverkehr bekanntlich nicht mehr viel.