Ungültige Siegelung von Bankunterlagen

Im Rahmen eines Entsiegelungsgesuchs der Eidg. Zollverwaltung prüfte das Bundesstrafgericht (II. Beschwerdekammer) zunächst (und offenbar ungefragt), ob der Siegelungsantrag, dem die Zollverwaltung immerhin zugestimmt hatte, überhaupt gültig war. Das war nicht der Fall, denn versiegelt wurden die bei einer Bank beschlagnahmten Unterlagen. Der Kontoinhaber, der die Siegelung erfolgreich beantragt hatte, war dazu nicht gar nicht legitimiert (BStGer BE.2012.2 vom 04.04.2012)

2.2 Vorerst gilt zu prüfen, ob die Siegelung rechtmässig erfolgte. Nur der Gewahrsamsinhaber im engeren Sinne ist zum Antrag auf Siegelung berechtigt. Vom Antragsrecht ausgeschlossen ist bei banklagernden Unterlagen somit insbesondere der Kontoinhaber. In einer solchen Konstellation steht das Antragsrecht einzig der gewahrsamsinhabenden Bank zu (Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2011.1 vom 4. Juli 2011, E. 1.2 und 1.3 sowie THORMANN/BRECHBÜHL, a.a.O., Art. 248StPO N. 6, je mit weiteren Hinweisen).
2.3 Vorliegend wurden Kontounterlagen des Gesuchsgegners bei der Bank C. AG ediert. In der Folge stellte er als Kontoinhaber am 3. Juni 2011 bei der Zollkreisdirektion Schaffhausen, Sektion Zollfahndung (act. 1.5) den Antrag auf Siegelung, welchem entsprochen wurde (act. 1.8). Damit steht fest, dass der Siegelungsantrag nicht seitens der Bank als Gewahrsamsinhaberin, sondern seitens des Kontoinhabers erfolgte. Diesem steht jedoch gegen die Durchsuchung der Unterlagen gerade keine Einsprachemöglichkeit zu. Die Gesuchstellerin hätte diese unzulässige, weil vom Kontoinhaber erhobene Einsprache mittels einer Verfügung abweisen müssen (vgl. hierzu bereits den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2011.1 vom 4. Juli 2011 , E. 1.4; mit Hinweis auf den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2006.7 vom 20. Februar 2007, E. 5; sowie THORMANN/BRECHBÜHL , a.a.O., Art. 248 StPO N. 32; KELLER , Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 248 StPO N. 43).
2.4 Nach dem Gesagten erweist sich die Siegelung, mangels Legitimation hinsichtlich des Siegelungsantrags des Gesuchsgegners, als ungültig, womit das angebrachte Siegel zu Unrecht als verbindlich eingestuft und das vorliegende Entsiegelungsgesuch gestellt wird. Auf dieses ist aus den genannten Gründen nicht einzutreten. Die Gesuchstellerin ist ohne Weiteres berechtigt, das Siegel zu entfernen, die Unterlagen zu durchsuchen und anschliessend mittels einer Verfügung zu entscheiden, welche Papiere sie beschlagnahmen und zu den Akten nehmen will.

Das Bundesstrafgericht trat folglich gar nicht auf das Gesuch ein und sprach dem an sich ja unterlegenen Gesuchsgegner eine Parteientschädigung zu. Dem Gesuchsgegner würde ich empfehlen, seine Bank in die Pflicht zu nehmen. Ich jedenfalls würde von meiner Bank im Rahmen der auftragsrechtlichen Sorgfalts- und Interessenwahrungspflichten erwarten, dass sie an meiner Stelle – ich selbst darf ja nicht – die Siegelung beantragt. Aber vielleicht ist das von einer Bank als Organ der Strafrechtspflege zu viel verlangt.