Unkenntnis internationalrechtlicher Übergangsbestimmungen schützt vor Strafe nicht
Der VR-Präsident einer Gesellschaft, die vor dem 31. Mai 2007 vier deutsche Handwerker angestellt hatte, ist laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts (6B_601/2007 vom 07.12.2007, BGE-Publikation) zu Recht wegen fahrlässiger Widerhandlungen gegen das ANAG (Art. 23 Abs. 4 Satz 2 i.V.m.
Das Bundesgericht anerkennt zwar die Rechtsprechung des EuGH, wonach Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen nach Personenfreizügigkeitsabkommen Schweiz-EG (SR 0.142.112.681) bloss deklaratorischen Charakter haben. Dies treffe aber erst nach Ablauf der Übergangsfristen zu, also erst nach 31. Mai 2007:
Allerdings ist vor dem Hintergrund der etappenweisen Einführung der vollen Personenfreizügigkeit zu beachten, dass die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen – mit Ausnahme solcher für Arbeitseinsätze von weniger als vier Monaten – für Erwerbstätige aus den alten EU-Mitgliedstaaten sowie Zypern und Malta während der ersten fünf Jahre, also bis Ende Mai 2007, kontingentiert war (Art. 10 des Freizügigkeitsabkommens; vgl. Art. 2 des Protokolls zum Freizügigkeitsabkommen betreffend die Übergangsregelung für Angehörige aus den neuen EU-Mitgliedstaaten). Soweit und solange die Zulassung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit der Kontingentierung – einer arbeitsmarktlichen Beschränkung im Sinne von Art. 10 des Freizügigkeitsabkommens – untersteht, ist für den Stellenantritt übergangsrechtlich doch noch eine Aufenthaltsbewilligung erforderlich (Art. 26 Abs. 2 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens). Die Arbeitsstelle darf und kann somit während des Übergangsregimes legal erst angetreten werden, wenn die entsprechende Bewilligung, welche gemäss Art. 6 Abs. 7 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens allerdings ohne Aufschub zu erteilen ist, vorliegt. Wird sie nicht eingeholt, kann deshalb der Straftatbestand der Beschäftigung ohne Bewilligung nach Art. 23 Abs. 4 ANAG erfüllt sein (E. 4).
Dass den deutschen Handwerkern die Bewilligungen bereits zugesichert waren, half nicht, denn:
[e]ine solche Zusicherung stellt die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung der Erwerbstätigkeit lediglich in Aussicht (Art. 8 VEP), berechtigt die ausländische Person aber nicht per se zum Stellen- bzw. Arbeitsantritt (E. 4).
Der verurteilte VR-Präsident konnte auch nichts aus der Tatsache ableiten, dass er für die Handwerker die Quellensteuer abgerechnet und bezahlt hatte.
Aus dem Umstand, für den ausländischen Angestellten Quellensteuern abgerechnet und bezahlt zu haben, kann er im Hinblick auf die Einhaltung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften ebenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten. Als aufmerksamer Arbeitgeber hätte er sich durch Einsicht in den Ausländerausweis oder Nachfrage bei der Fremdenpolizei vielmehr vergewissern müssen, dass die ausländische Arbeitskraft über die erforderliche Bewilligung verfügte und damit zum Stellenantritt tatsächlich berechtigt war (…). Dieser Sorgfaltspflicht ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Vorinstanz ist daher zu Recht von einer fahrlässigen Tatbegehung ausgegangen (E. 6.2).
Die verhängte Busse entsprach übrigens mit CHF 1,000.00 der Hälfte der Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens, die dem Beschwerdeführer auferlegt werden. So geht das, in unserem wunderschönen Land mit unseren wunderschönen Bergen.