Unnötige Aussageermächtigungen

Das Bundesgericht klärt die Frage, unter welchen Voraussetzungen Beamtinnen und Beamte im Hinblick auf ihre Aussage als Zeugen vom Amtsgeheimnis zu entbinden sind (vgl. Art. 170 Abs. 3 StPO). Die Frage interessierte in erster Linie in Bezug auf Polizeibeamte, die als Zeugen in Strafprozessen auftreten. Die Lösung des Bundesgerichts leuchtet im Ergebnis ein (BGE 6B_511/2014 vom 23.10.2014, zur Publikation in der AS vorgesehen). Danach ist eine Ermächtigung immer dann obsolet, wenn sich das Zeugnis auf Sachverhalte bezieht, bei denen der Zeuge einer Anzeigepflicht unterliegt:

Es kann nicht die Meinung des Gesetzgebers gewesen sein, die Frage, ob eine Entbindung vom Amtsgeheimnis erforderlich ist oder nicht, im Strafgesetzbuch und in der Strafprozessordnung unterschiedlich zu regeln und damit eine Diskrepanz zwischen den beiden Erlassen zu schaffen. Vielmehr muss in Bezug auf Art. 170 StPO gelten, was auch für Art. 320 StGB gilt, nämlich dass keine Ermächtigung der vorgesetzten Behörde erforderlich ist, wenn ein Polizist im Zuge des Strafverfahrens Aussagen über Feststellungen am Tatort macht, sofern er diesbezüglich einer Anzeigepflicht unterliegt. Das Amtsgeheimnis gilt nicht zwischen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten, welche mit der gleichen Angelegenheit befasst sind. Eine Ermächtigung ist hingegen erforderlich für Aussagen über Tatsachen, die ausserhalb der Anzeigepflicht liegen oder für Personen, welche keiner Anzeigepflicht unterstehen (…) [E. 3.3, Hervorhebungen durch mich].

Der hervorgehobene Satz  wird garantiert noch zu Diskussionen und Klarstellungen führen.