Unrechtsstaat Aargau
Die Justiz des Kantons Aargau ist wie keine andere bestrebt, stationäre Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB anzuordnen. Die dafür nötigen Gutachten sind bekanntlich ja nicht besonders schwer erhältlich. Die Justiz macht die Rechnung allerdings ohne den Wirt und übersieht, dass für diese Massnahmen auch geeignete Institutionen zur Verfügung stehen müssen. Das Bundesgericht setzt dem Kanton in einem Fall, der ihm nicht zum ersten Mal vorgelegt wurde, nun ein Ultimatum (BGer 1B_291/2014 vom 08.09.2014).
Da der Sachverhalt unbestritten war und das Recht nicht allzu grosse Schwierigkeiten bereitete, begnüge ich mich hier mit der Wiedergabe der Behauptungen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer bringt Folgendes vor: Er befinde sich seit zwei Jahren und acht Monaten in strafprozessualer Haft. Erstinstanzlich sei er zu 12 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft habe keine Anschlussberufung erhoben. Die ausgefällte (und berufungsweise angefochtene) Freiheitsstrafe habe er daher längst, nämlich seit einem Jahr und acht Monaten, durch anrechenbare strafprozessuale Haft verbüsst. Zwar habe das Bezirksgericht den Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben. Dagegen habe er jedoch (am 31. Oktober 2013) ebenfalls Berufung beim Obergericht eingereicht. Das Berufungsurteil stehe noch aus. Ausserdem werde ihm seit zwei Jahren der provisorische Massnahmenantritt verweigert. Obwohl die Staatsanwaltschaft sein Gesuch um vorzeitigen Massnahmenvollzug am 27. September 2012 bewilligt habe, sei er bis heute im Sicherheitstrakt des Zentralgefängnisses Lenzburg inhaftiert geblieben. Eine therapeutische Massnahme sei nie tatsächlich begonnen worden, der ihm in Aussicht gestellte Eintritt in eine therapeutische Massnahmeeinrichtung bisher nicht erfolgt. Das Bundesgericht habe die kantonalen Instanzen schon mit Urteil 1B_141/2014 vom 7. Mai 2014 angemahnt, ihm (dem Beschwerdeführer) einen geeigneten Therapieplatz bereitzustellen. Dennoch hätten die kantonalen Behörden diesbezüglich nichts unternommen. Am 11. August 2014 habe er im vorinstanzlichen Haftprüfungsverfahren beantragt, es sei ein Bericht des kantonalen Amtes für Justizvollzug zum Stand der Bemühungen einzuholen. Das Obergericht habe den Antrag unbeachtet gelassen. Im angefochtenen Haftprüfungsentscheid vom 19. August 2014 begnüge sich die Vorinstanz mit der Bemerkung, die Abklärungen des Amtes für Justizvollzug seien “offensichtlich noch nicht abgeschlossen”, und entsprechende Berichte oder Stellungnahmen seien dem Obergericht nicht zugegangen. Nach Zustellung des angefochtenen Entscheides habe sich das Amt für Justizvollzug veranlasst gesehen, von sich aus einen auf 18. August 2014 datierten Bericht einzureichen. Laut diesem Bericht sei der vom Bundesgericht am 7. Mai 2014 erteilte Auftrag, einen geeigneten Therapieplatz bereitzustellen, “definitiv aussichtslos”. Da keine geeignete Massnahmeneinrichtung zur Verfügung stehe, sei der strafprozessuale Freiheitsentzug (gemäss Art. 56 Abs. 5-6 StGB) auch unter dem Titel des provisorischen Massnahmenvollzuges aufzuheben. Bei dieser Sachlage erweise sich die Fortdauer der Haft als unverhältnismässig und bundesrechtswidrig. Insbesondere sei Art. 212 Abs. 2 StPO verletzt (E. 2).
Wie gesagt, das Bundesgericht setzt der Justiz des Kantons Aargau nun ein Ultimatum:
Zu dessen Nachachtung drängt sich im vorliegenden Fall folgende Anordnung auf (Art. 107 Abs. 2 Satz 1 BGG) : Die Vorinstanz hat entweder das hängige schriftliche Berufungsverfahren nunmehr zügig abzuschliessen und das kantonale Amt für Justizvollzug anzuweisen, einen geeigneten (vorläufigen) Therapieplatz für den Beschwerdeführer zeitnah bereitzustellen, oder aber unverzüglich dessen Haftentlassung anzuordnen (E. 3.5).