Unterlassung der Überschuldungsanzeige als Bankrotthandlung?
Aus einem heute publizierten Urteil des Bundesgerichts muss man schliessen, dass die Unterlassung der Überschuldungsanzeige nach Art. 725 Abs. 2 OR bereits strafbar i.S.v. Art. 165 StGB ist, wenn der Konkurs über die Gesellschaft eintritt (BGer 6B_985/2016 vom 27.02.2017).
Das Bundesgericht gesteht zwar zu, dass bei der Misswirtschaft nur ein arges Fehlverhalten strafbar ist. Arg ist aber dann halt offenbar doch jedes Fehlverhalten:
Damit hat der Beschwerdeführer, indem er die Anzeige der Überschuldung unterlassen hat, seine Pflichten arg vernachlässigt (E. 4.2.1).
Nun verlangt die Misswirtschaft aber auch den Kausalzusammenhang zwischen einer Bankrotthandlung und der Verschlimmerung der Überschuldung. Diesen Kausalzusammenhang begründet das Bundesgericht so:
Dies ergibt sich zwanglos aus der Zunahme der Eigenkapitalverluste von Fr. -23’534.74 im Jahre 2009 auf Fr. -195’486.15 am 16. März 2012. Damit ist der objektive Tatbestand der Misswirtschaft erfüllt (E. 4.2.1).
Liegt die Bankrotthandlung damit in der Unterlassung der Überschuldungsanzeige?
Dass das Unterlassen der Überschuldungsanzeige den Tatbestand der Misswirtschaft erfüllt ist nun aber nicht neu, s. BGE 6B_492/2009 m.w.H.
“Liegt die Bankrotthandlung damit in der Unterlassung der Überschuldungsanzeige?”
Ja genau. In Bezug auf den Misswirtschafts-Tatbestand bringt dieses Urteil nichts Neues zu Tage.
Ja, aber ist das auch richtig? Wieso braucht es für sowas noch Strafrecht? Die zivilrechtlichen Folgen sind ja nicht ganz ohne.
Die Rechtsprechung finde ich nur schon deshalb begrüssenswert, weil die zivilrechtlichen Folgen für die Gläubiger unmöglich aufwändig und teuer in der Durchsetzung sind – bei kleineren Forderungen ein Ding der Unmöglichkeit (Sei es via Paulianae, sei es via Verantwortlichkeit). Da gibt es Fälle, in denen es richtig scheint, dass die für den Konkurs Verantwortlichen wenigstens nicht ganz “ungeschoren” davonkommen, obwohl die zivilrechtlichen Ansprüche aus praktischen Gründen nicht durchgesetzt werden können.
…und richtigerweise braucht es dabei das Strafrecht auch unter Beachtung bzw. zur Unterbindung der sog. “Konkursreiterei” – mit ewig “wiederauferstehenden” und unter neuem Namen, aber mit denselben Geschäftsführern (und oftmals mit demselben Mobiliar und vielfach teuren Leasing-Geschäftsfahrzeugen) im Paar-Jahres-Rhythmus konkursgehenden “Wegwerf-Gesellschaften”…