Untertauchen im Inland

Das Bundesgericht bestätigt in einem neuen Entscheid, dass auch ein mögliches Untertauchen im Inland als Fluchtgefahr gilt (BGer 1B_254/2014 vom 29.07.2014). Zu diesem Argument griff man bisher vornehmlich, wenn einem Häftling kein hinreichender Auslandbezug unterstellt werden konnte. Der heute publizierte Fall betrifft einen weggewiesenen Ausländer, dem Ausschaffungshaft droht. Bemerkenswert ist aber vor allem, was ihm nicht droht: eine längere Freiheitsstrafe.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit mittlerweile fünf Monaten in Haft und angesichts des Strafantrags der Staatsanwaltschaft von neun Monaten Gefängnis [Gefängnis?] kann kaum gesagt werden, es drohe ihm eine längere Freiheitsstrafe. Trotzdem ist die Fluchtgefahr zu bejahen. Gemäss dem angefochtenen Entscheid ist der Beschwerdeführer rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden und droht ihm die Ausschaffungshaft. Unter diesen Voraussetzungen spricht sein Wille, in der Schweiz zu bleiben, nicht gegen Fluchtgefahr. Vielmehr ist in dieser Hinsicht zu befürchten, dass er sich den schweizerischen Behörden und damit auch dem Strafverfahren durch ein Untertauchen im Inland zu entziehen versuchen könnte. Angesichts der drohenden Ausschaffung hat der Beschwerdeführer dabei kaum etwas zu verlieren. Die Fluchtgefahr kann unter diesen Voraussetzungen bejaht werden und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sie mit Ersatzmassnahmen gebannt werden könnte (E. 4.4, Hervorhebungen und Anmerkungen durch mich).

So wird prozessuale Haft bis zur Rechtskraft einer Freiheitsstrafe je länger je mehr zur Regel, die nach Art. 212 StPO eigentlich so lautet:

Die beschuldigte Person bleibt in Freiheit.