Unverhältnismässiger Polizeieinsatz

Das Bundesgericht hat das Kantonsgericht Luzern darin geschützt, in antizipierter Beweiswürdigung auf die beantragte Edition eines Polzeijournals zu verzichten (BGer 1B_176/2016 vom 11.04.2017).

Da die Polizei das Polizeijournal verfasst hat, kann sodann nicht angenommen werden, dass sich darin etwas für die beteiligten Polizeibeamten Nachteiliges finden könnte. Die antizipierte Beweiswürdigung der Vorinstanz hätte daher jedenfalls im Ergebnis nicht als willkürlich angesehen werden können (E. 3.3).

Auch wenn die meisten Rügen abgewiesen wurden, wirft der Entscheid kein gutes Licht auf einen Einsatz der Kantonspolizei Luzern. Den Beschwerdeführern war angeblich nicht einmal klar, dass es sich um einen Polizeieinsatz handelte.

Dazu das Bundesgericht:

Nach den willkürfreien Darlegungen der Vorinstanz (oben E. 4.4) musste den Beschwerdeführern jedoch spätestens, als sich um sie herum eine Menschenmenge bildete und sich die Polizeibeamten dessen ungeachtet nicht davonmachten, bewusst sein, dass es sich um echte Polizisten handelte, zumal diese lediglich die Ausweispapiere sehen wollten und keine Wertsachen herausverlangten (5.4.2).

In zwei Punkten drangen die Beschwerdeführer durch. Sie wurden durch einen Polizeibeamten rechtswidrig geduzt (s. das zweite Zitat, unten) und v.a. rechtswidrig blossgestellt.

Aufgrund des von den Polizeibeamten beobachteten Verhaltens der Beschwerdeführer bestand gegen diese lediglich ein vager Verdacht auf Taschendiebstahl. Ein derartiger Verdacht genügt nicht, um den Betroffenen dazu anzuhalten, sich bei der Leibesvisitation vollständig nackt auszuziehen. Das ist dem Betroffenen unzumutbar und deshalb unverhältnismässig. Zur Klärung der dem Beschwerdeführer 2 vorgeworfenen Hinderung einer Amtshandlung war die Leibesvisitation ungeeignet und aus diesem Grund unverhältnismässig. Der Beschwerdeführer 2 war wegen seiner Anhaltung und Verbringung zum Polizeigebäude unstreitig aufgebracht. Eine Gefährdung der Polizeibeamten konnte daher nicht ausgeschlossen werden. Um festzustellen, ob der Beschwerdeführer 2 im Besitz von Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen sei, hätte es jedoch genügt, ihn über den Kleidern abzutasten. Die vollständige Entkleidung war dazu nicht erforderlich. Zwar schlossen die Polizeibeamten den Beschwerdeführer 2 für kurze Zeit in eine Zelle ein. Für den Ausschluss einer Selbstgefährdung hätte es jedoch ebenfalls genügt, den Beschwerdeführer 2 über den Kleidern abzutasten und ihm gegebenenfalls den Gürtel und die Schnürsenkel wegzunehmen (vgl. DIEGO R. GFELLER, in : Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 45 zu Art. 241 StPO).
Die Leibesvisitation mit Entkleidung war hier demnach, wie in den dargelegten Fällen (oben E. 6.4), unverhältnismässig und damit unrechtmässig (E. 6.6).

Zum rechtswidrigen Duzen:

Der Polizeibeamte hat den Angehaltenen anständig zu behandeln. Dazu gehört, dass er diesen siezt. Für das Duzen bestand hier weder Anlass noch Rechtfertigung. Ob darin bereits eine erniedrigende Behandlung gemäss Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK lag, kann dahingestellt blieben. Jedenfalls war das Duzen herabwürdigend. Dadurch wurde der Beschwerdeführer 2 als blosses Objekt des Verfahrens behandelt, was mit Art. 7 BV und Art. 3 Abs. 1 StPO unvereinbar ist (vgl. BGE 127 I 6 E. 5b S. 13/14; WOLFGANG WOHLERS, in: Donatsch und andere [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 3 StPO; MARC THOMMEN, in: Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 3 StPO). Das Duzen war daher rechtswidrig (E. 8.3)..