Unverwertbar bleibt unverwertbar

Im Zusammenhang mit unverwertbaren Einvernahmen (Verletzung der Teilnahmerechte) stellt das Bundesgericht erneut klar, dass eine Wiederholung der Einvernahmen die ursprünglichen Einvernahmen nicht verwertbar macht (BGer 6B_1080/2020 vom 10.06.2021, Fünferbesetzung). Der Sachverhalt präsentierte sich dem Bundesgericht wie folgt:

Die Verurteilung des Beschwerdeführers beruht hauptsächlich auf den Aussagen der Zeugen D. und E., die von der Polizei ein erstes Mal wenige Stunden nach dem Vorfall, am 15. Juni 2012, und ein weiteres Mal am 24./25. September 2012 als Auskunftspersonen im Sinne von Art. 179 StPO befragt wurden. Anlässlich dieser Einvernahmen identifizierten die Zeugen den Beschwerdeführer als Urheber des Faustschlags. Die Befragungen fanden in seiner Abwesenheit statt. Am 29. April 2016 führte die Staatsanwaltschaft eine Konfrontationseinvernahme durch, bei der D. und E. als Zeugen nach Art. 177 StPO einvernommen wurden und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers anwesend war. Dabei schilderten die Zeugen im freien Bericht verschiedene Eckpunkte der Auseinandersetzung. Sie bestätigten, bei der Polizei die Wahrheit gesagt zu haben und – auf Vorhalt – ihre damals getätigten konkreten Aussagen. Verschiedentlich machten die Zeugen aber auch Erinnerungslücken geltend. Insbesondere konnten sie sich an die Täterschaft des Beschwerdeführers nicht mehr erinnern (E. 2). 

Das bedeutet:

Die Durchführung einer Einvernahme ohne Teilnahme des Beschuldigten steht einer Wiederholung der Beweiserhebung im Grundsatz zwar nicht entgegen. Wird aber die Einvernahme wiederholt resp. zu einem späteren Zeitpunkt eine Konfrontationseinvernahme durchgeführt, darf die Strafbehörde nicht auf die Ergebnisse der vorausgegangenen Einvernahmen zurückgreifen, soweit diese einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise sind nach Art. 141 Abs. 5 StPO vielmehr aus den Strafakten zu entfernen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und danach zu vernichten (BGE 143 IV 457 E. 1.6.2 f.) [E. 5.5, Hervorhebungen durch mich].

Damit ist aber auch gesagt, dass die Frage, ob der Zeuge bei der ersten (nicht verwertbaren) Einvernahme die Wahrheit gesagt habe, unzulässig (und übrigens auch völlig unsinnig) ist.