Unwürdiger Eiertanz um die amtliche Verteidigung

Es gibt besonders fleissige Staatsanwälte, die einem Beschuldigten eine formelle Verteidigung faktisch verunmöglichen, indem sie die Einsetzung einer amtlichen Verteidigung von der Einreichung von Unterlagen über die finanziellen Verhältnissen abhängig machen. Diese Strategie verfolgen sie selbst dann weiter, wenn inzwischen, etwa aufgrund der Haftdauer, bereits ein Fall von notwendiger Verteidigung besteht, die gemäss Bundesgericht auch nach der Haftentlassung nicht mehr entfallen soll (!).

Ein Beschuldigter wollte sich das nicht bieten lassen und beschwerte sich bis vor Bundesgericht. Dieses tritt aber mangels nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteils nicht auf die Beschwerde ein (BGer 1B_351/2013 vom 06.01.2014), weil der amtliche Wunschverteidiger ihn ja schon privat vertrete:

Der Beschwerdeführer wird zurzeit von Rechtsanwalt Tobler privat verteidigt. Da er vom 26. April bis zum 7. Juni 2013 und damit mehr als 10 Tage inhaftiert war, liegt nach Art. 130 lit. a StPO offenkundig ein Fall notwendiger Verteidigung vor. Sollte Rechtsanwalt Tobler das Mandat niederlegen, müsste die Verfahrensleitung umgehend eine amtliche Verteidigung anordnen, falls der Beschwerdeführer keinen neuen Wahlverteidiger ernennen sollte (Art. 132 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 StPO). Die Verteidigung des Beschwerdeführers ist in jedem Fall gewährleistet. Es ist damit nicht ersichtlich, inwiefern der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirken könnte. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.

Das hat das Bundesgericht vor nicht allzu langer Zeit doch noch anders gesehen (vgl. meinen früheren Beitrag). Nicht sicher bin ich im Übrigen, ob tatsächlich “offenkundig ein Fall notwendiger Verteidigung” vorliegt. Ich selbst würde ja unabhängig von der Haftentlassung auch von notwendiger Verteidigung ausgehen. Aber das entspricht m.W. nicht der herrschenden Lehre. Ich hoffe, das Bundesgericht bleibt bei seiner Meinung.