Unzulängliche Behördenorganisation
Ein Mann hat gegen drei Mitglieder des Obergerichts des Kantons Solothurn Strafanzeige wegen Betrugs und Amtsmissbrauchs eingereicht. Er behauptet, die Oberrichter hätten seine Rechte verweigert und ihm durch Missbrauch ihrer Amtsgewalt einen Nachteil zugefügt.
Ein in dieser Sache ergangenes Urteil des Bundesgerichts (BGer 6B_581/2015 vom 22.06.2015, Einzelrichter) zeigt eindrücklich, dass die Behördenorganisation rechtsstaatlich ungenügend ist:
- Die Strafanzeige wurde durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn behandelt, die gegen ihre eigene fachliche Aufsichtsbehörde (Obergericht des Kantons Solothurn) tätig werden musste und dann eine Nichtanhandnahmeverfügung erliess;
- Die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung kann angefochten werden, und zwar beim Obergericht des Kantons Solothurn. Dies hat der Strafanzeiger getan. Die Beschwerdeinstanz, das Obergericht des Kantons Solothurn, hat die Beschwerde abgewiesen.
- Das abweisende Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn kann nicht ans Bundesgericht weitergezogen werden, weil eine Beschwerde in Strafsachen die Geltendmachung von Zivilansprüchen voraussetzt, was der solothurnische Gesetzgeber im Verantwortlichkeitsgesetz ausgeschlossen hat;
- Das Bundesgericht kann daher nicht auf die Beschwerde eintreten, es sei denn, der Beschwerdeführer mache formelle Gründe geltend.
Letzteres hat der Beschwerdeführer zwar getan, aber zu wenig substantiiert, sodass er auch vor Bundesgericht abgewatscht wurde:
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Rechts auf eine wirksame Beschwerde im Sinne von Art. 13 EMRK und macht Rechtsverweigerung geltend (Beschwerde S. 3). Soweit diese Vorbringen überhaupt ohne materielle Prüfung der Sache beurteilt werden könnten, genügen sie den strengen Begründungsanforderungen nicht. So ist aus der Beschwerde z.B. nicht ersichtlich, inwieweit das Recht des Beschwerdeführers auf eine Mitwirkung bei der Beweiserhebung verletzt oder das Urteil nicht hinreichend begründet worden sein sollte (E. 3).
Einfach, damit ich nicht falsch verstanden werden. Ich zweifle nicht daran, dass die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft zu Recht erfolgte. Wer aber wie der Beschwerdeführer das Gegenteil glaubt, wird jeder Möglichkeit beraubt, an eine funktionierende Strafverfolgung auch nur im Ansatz glauben zu können.
Gut, das ist kein neues Problem. Schon die Römer fragten sich: „quis custodiet ipsos custodes?“ (Wer bewacht die Wächter?) Es bleibt in jedem System ein blinder Fleck, der nicht weiter überprüfbar ist. Wenn sich die Justiz nicht mehr selber kontrollieren darf, ist es einfach vorbei mit der richterlichen Unabhängigkeit, was dann einfach andere (m.E. gravierendere) Nachteile mit sich brächte…
Bessere Lösungen gäbe es ja schon. Und die Staatsanwaltschaft gehört nicht der Justiz an.
Seien Sie exakt:
„Quis custodiet?“: Wer wird bewachen (Futurum)?
„Wer bewacht?“ (Präsens) wäre „Quis custodit?“
Nein. Das macht ein Gericht nicht zum Unternehmen. Es bleibt eine staatliche Behörde des öffentlichen Rechts.
Eine bessere Lösung gäbe es zweifellos. Allerdings kann man sich fragen, ob die Staatsanwaltschaft nicht (zumindest faktisch) doch zur Justiz gehört – schon nur im Hinblick auf die Strafbefehlskompetenz.
Immerhin haben wir ja noch eine 4. Gewalt in der Schweiz, auch wenn die Medien es halt manchmal auch sehr schwer haben und bisweilen auch einfach allzu handzahm sind. Und dann haben wir natürlich noch kj und diesen wunderbaren, (staats-)kritischen – oder sollte ich sagen: wunderbar kritischen – Blog.