Unzulässige Edition
Mein erster Beitrag im neuen Jahr gilt einer erfolgreichen Beschwerde einer Bank gegen einen Entsiegelungsentscheid (BGer 7B_128/2023 vom 14.12.2023). Das Bundesgericht weist das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft GR in seinem reformatorischen Entscheid ab.
In einem Strafverfahren gegen einen nicht bekannten Mitarbeiter der Bank, der den bereits angeklagten Haupttäter B. unterstützt haben soll, erliess die Staatsanwaltschaft einen Herausgabebefehl gegen die Bank. Diese lieferte die Daten und ersuchte gleichzeitig um Siegelung. Im Entsiegelungsverfahren bestritt sie erfolgreich den erforderlichen Tatverdacht:
Die blosse Möglichkeit, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin das allenfalls strafbare Verhalten von B. “in irgendeiner Form begünstigt” hätten, genügt für die Begründung eines hinreichenden Tatverdachts auf eine allfällige Förderung der Haupttat nicht. Eine reine Vermutung vermag den staatsanwaltschaftlichen Herausgabebefehl nicht zu legitimieren, weshalb er sich als unzulässig erweist (E. 2.3).
Der Entscheid ist m.E. richtig, weicht aber wohl von der bundesgerichtlichen Praxis ab. Und: Wieso hat die Bank überhaupt ediert? Durfte sie das?
Ich verstehe Deine Schlussfrage nicht. Weshalb sollte die Bank nicht edieren dürfen?
Die Vermutung man habe mit Hanf gehandelt reicht dafür
Regelmässig
Konkret war die Frage gestellt worden, weshalb eine Bank einem Editionsgesuch der Staatsanwaltschaft folgte, obwohl sie es allenfalls gar nicht hätte tun dürfen oder müssen.
Meine Gedanken dazu: Gerichtsverfahren dauern oft sehr lange. Bis von der ersten bis zur letzten Instanz alles durch ist, können Monate, wenn nicht Jahre, vergehen. Der Zeitablauf kann dann dazu führen, dass gewisse Tatsachen “untergehen” (oder aus dem Bewusstsein der Bevölkerung oder derjenigen (Juristen, staatliche Entscheider, Behörden), die sich im Nachhinein mit einer rechtlichen Frage und einem Gerichtsverfahren befassen müssen, verschwinden oder ein allgemeiner “Meinungsumschwung” stattgefunden hat.
Ein Blick auf sämtliche weiteren Gegebenheiten und Umstände, zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Handlung ist m.E. deshalb notwendig. Wenn zum Beispiel seit Monaten in den Medien gegen eine bestimmte Bevölkerungsschicht (Wirte, Banker, Bauern) oder eine Branche (Gastrobetriebe, Grossbanken, Metzgereien) eine kritische Stimmung, ja fast Hetzkampagne, gemacht wird, dann muss man sich im Nachhinein (als Verfasser oder auch als Kommentator eines Gerichtsentscheides) nicht wundern, weshalb zu einem solchen Zeitpunkt erfolgte Handlungen oder unter dem Einfluss solcher äußerer Faktoren getroffene Entscheidungen, später, wenn die Hetzkampagne, die kritische “öffentliche Stimmung” abgeflaut ist oder die beeinflussenden äusseren Faktoren weg sind, nicht mehr nachvollziehbar sind.
Eine derartige (meines Erachtens unzulässige Beeinflussung) funktioniert übrigens auch im kleineren Rahmen. Beispiel: der einsamen Grossmutter wird von der pflegenden Angehörigen oder vom Steuerberater, Beistand etc. solange falsche Tatsachen eingeredet, bis sie in ihrer Verblendung Verträge zu ihrem eigenen oder fremdem Schaden unterschreibt.
Gerade heutzutage, wo viele sich nur noch via “Smartphone”, “e-mail, newsletter” usw. informieren, ist eine gezielte Einflussnahme und destruktive Fehlinformation einzelner Menschen (oder bestimmter Gruppen) durchaus möglich und meines Erachtens eine Gefahr.