Update Qualitätsjournalismus
Die Solothurner Zeitung hat inzwischen online und gedruckt etwas nachgebessert (anstatt sdf hat nun mou übernommen, vgl. meinen gestrigen Beitrag). Eingeholt hat sie aber weiterhin und ganz im Sinne serviler Hofberichterstattung nur die Meinung der zuständigen Regierungsrätin, die sich erfreut über das Urteil des Bundesgerichtsgerichts zeigt. Ein Urteil notabene, welches ihr Gesetz in mehreren Punkten als verfassungswidrig qualifiziert. Dass eine Juristin, frühere Anwältin und amtierende Polizeidirektorin sowas von sich gibt, schliesse ich zwar nicht aus, aber wundern würde es mich dann doch.
Fun fact: In der heutigen Ausgabe druckt die Solothurner Zeitung auch einen nicht ganz ernst gemeinten Kommentar von mou ohne Bezug zur Berichterstattung über das Urteil des Bundesgerichts zum Polizeigesetz ab. Darin widerspricht er dem Vorwurf, die Medien würden ihrer Wächterfunktion nicht mehr gerecht.
Update II: Und auch dabei ist es nicht geblieben. Auf die Erstmeldung, die sich aus Zeitgründen tatsächlich stark an der Medienmitteilung orientierte, folgte eine weitere Meldung. Und nun mein Kommentar.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/kein-ueberwachungsstaat-solothurner-polizeigesetz-das-bundesgerichtsurteil-muesste-der-regierung-zu-denken-geben-ld.2392712
@Lucien Fluri, SZ: Vielen Dank dafür. Sie weisen zu Recht auf die staatsrechtlichen Fragestellungen hin, welche mit der abstrakten Normenkontrolle kantonaler Bestimmungen einher gehen (Demokratie- v. Rechtsstaatsprinzip oder: ein paar Anwältinnen und Anwälte gegen Kantonsrat, Regierungsrat und Volk). Wieso man gerade in solchen Fällen nicht einfach beide Seite anhört verstehe ich nicht. „Audiatur et altera pars“ wäre doch auch für Medienschaffende ein wichtiges Prinzip. Eigentlich kann niemand legitimerweise verlangen, dass die Medien die eigene Position unterstützen. Wird eine Seite aber nicht einmal angehört, entsteht halt eben doch der Eindruck, die Position der anderen Seite werde aus Prinzip übernommen. Ganz schwierig wird es, wenn die Regierung via Staatskanzlei wie kürzlich in Solothurn offen auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen versucht. Gestern hatte ich das Gefühl, es sei nicht beim blossen Versuch geblieben.
Es ist schon interessant, wie unterschiedlich die Kultur der Schweiz und etwa Deutschland in Sachen Verfassungsgerichtsbarkeit und (abstrakte) Normkontrollverfahren sind. Es käme in Deutschland nie jemandem in den Sinn, zu hinterfragen, dass ein Gericht (BVerfG) vom Parlament demokratisch beschlossene Erlasse auf ihre Verfassungskonformität überprüfen und nötigenfalls auch kippen darf. Hier in der Schweiz wo nur kantonale Erlasse überprüft werden können geht sogar dies vielen zu weit, man stelle sich nun vor, dass Bundesgericht wäre in der Lage dem allmächtigen Bundesparlament und ggf. dem noch allmächtigeren Volk zu sagen „Stopp, hier werden Grundrechte verletzt, das geht so nicht.“. Wenn man den Bundespolitikern in Bern teils zuhört, dann ist die Verfassung ja mehr so eine starke Empfehlung, eine gut gemeinte Richtlinie, an die man sich im Grossen und Ganzen schon halten sollte, aber es jetzt auch nicht weiter tragisch ist, wenn man sie gelegentlich ignoriert. Dabei wird oft vergessen, dass eine Demokratie, in der die Mehrheit ihren Willen immer und ohne Grenze durchsetzen kann, lediglich eine Diktatur der Mehrheit ist…
Genau so ist es, und die Diktatur der Mehrheit ist immer die Diskriminierung der Minderheit.
Die Begründung dafür ist ja die direkte Demokratie, der Souverän kann es ändern, der Souverän ist aber ein von Massenmediengetriebener sich wenig überlegende homogonene Masse die sich am Schluss an das grossmehrheitlich hält was der Bundesrat im Abstimmungsbüchli empfiehlt….
Im Prinzip kann man von Glück reden das just der Jurist der die Rechtstaatlichkeit mit seiner Selbstbestimmungsinitiative gleich ganz abschaffen wollte es nicht in die Landes Exekutive geschafft hat.