UWG 4a und die herrschende Meinung in den VAE

In einem bemerkenswerten Entscheid wirft das Bundesgericht in ausserordentlicher Besetzung dem Obergericht ZH vor, gleich mehrfach Bundesrecht verletzt zu haben und teilweise auch in WIllkür verfallen zu sein. Es heisst eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft vollumfänglich gut (BGer 6B_452/2022 vom 16.11.2023, Fünferbesetzung mit zivilrechtlichem Einschlag).

Im Ergebnis entscheidet das Bundesgericht, dass Schweizer, die in den VAE den Direktor eines dort ansässigen Unternehmens schmieren, in der Schweiz wegen Privatbestechung i.S.v. Art. 4a Abs. 1 lit. a aUWG verurteilt werden müssen. Das soll Art. 7 StGB ermöglichen, der bei der Frage der „Normidentität“ nicht etwa nach strafrechtlichen Regeln auszulegen ist, sondern nach rechtshilferechtlichen. Dies, die extensive Auslegung von Art. 5 Ziff. 5 StGB/VAE und der grenzenlose Anwendungsbereich des schweizerischen Wettbewerbsrechts müssen nun dazu führen, dass Schuldsprüche erfolgen.

Eigentlich müsste man den Entscheid im Volltext abdrucken. Ich beschränke mich hier jetzt aber auf eine Teilerwägung, die es mir besonders angetan hat:

Mit Blick auf das Erfordernis der Normidentität ist daher sehr wohl relevant, dass gemäss Ausführungen des von der Beschwerdeführerin beauftragten Gutachters die herrschende Meinung in den VAE dahin geht, die strafrechtlichen Sanktionen von Art. 5 Ziff. 5 StGB/VAE auf den privaten Sektor auszudehnen, dass die dortigen Rechtsgelehrten die Auslegung auf private Personen ausgeweitet und auch die Gerichte diese extensive Auslegung angewandt haben. Das diesbezügliche Argument der Vorinstanz, wonach fraglich erscheine, ob die extensive, vom Wortlaut der Norm abweichende Auslegung durch Lehre und Rechtsprechung mit dem Legalitätsprinzip vereinbar wäre, überzeugt nicht. Auch hiesige Gerichte legen im Rahmen der Rechtsanwendung formelle Gesetze aus, ohne dass deshalb das Legalitätsprinzip verletzt wäre (E. 2.3.2).

Dem Entscheid nicht zu entnehmen ist, wer denn in dieser Sache Strafantrag gestellt hat. Privatkläger scheint es keine zu geben.