Verdeckte Fahndung in der NZZ
In der gestrigen Ausgabe brachte es die verdeckte Fahndung auf die Titelseite der NZZ. Was teilweise unkritisch als Erfolgsgeschichte dargestellt wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als Bankrotterklärung des Drogenstrafrechts und der Zwangsmassnahmen, die primär im Zusammenhang mit Drogendelikten ausgebaut und eingesetzt werden.
Die etwas wirren Beiträge der NZZ gipfeln aber in einer Kritik an der Rechtsprechung des Bundesgerichts und folgendem Zitat:
Selbst überführte Täter konnten nicht mehr belangt werden (NZZ vom 11.07.2016, 1).
Neue Zürcher Zeitung, 11. Juli 2016
Mit Scheinkäufen gegen Drogendealer
Frühere polizeiliche Praxis wieder zugelassen
Jörg Krummenacher
Scheinkäufe haben sich als probates Mittel der Polizei etabliert, um den Drogenhandel auf der Strasse einzudämmen. Zürich, Luzern und St. Gallen setzen verdeckte Fahnder gegen «Chügeli»-Dealer mit Erfolg ein.
Die Revision der Schweizerischen Strafprozessordnung 2011 und die darauffolgende Anpassung kantonaler Polizeigesetze machen es den Polizeikorps seit zwei bis drei Jahren wieder möglich, gezielt mit Scheinkäufern und verdeckten Fahndern gegen den Drogenhandel vorzugehen. Zuvor hatte das Bundesgericht diese Praxis für einige Jahre gestoppt. 2010 hatte es in einem Zürcher Fall entschieden, dass jeder Drogenkauf durch zivile Fahnder als verdeckte Ermittlung zu betrachten sei und in jedem Fall einer richterlichen Genehmigung bedürfe. Ohne eine solche seien die erlangten Beweismittel, auch die Geständnisse der Täter, nicht verwertbar.
Damit verunmöglichte Lausanne flexible Einsätze zum Zweck von Scheinkäufen. Selbst überführte Täter konnten nicht mehr belangt werden. Die Scheinkäufe hatten sich zuvor indes als probates Mittel erwiesen, den Kleinhandel auf der Strasse, insbesondere das teilweise aggressive Auftreten sogenannter «Chügeli»-Dealer, einzudämmen. Allein in Zürich gab es vor 2010 rund 2000 solcher Einsätze.
Inzwischen setzen diverse Polizeikorps wieder auf das Mittel der Scheinkäufe mit gutem Erfolg. «Insbesondere beim Strassenhandel in städtischen Gebieten konnte dadurch eine spürbare Abnahme von sogenannten Kleindealern erzielt werden», sagt Cornelia Schuoler, Mediensprecherin der Zürcher Kantonspolizei. Im Raum Zürich werden pro Jahr rund hundert solcher Einsätze durchgeführt. Auch künftig will die Kantonspolizei auf den Einsatz von Scheinkäufern und verdeckten Fahndern setzen. Diese haben sich laut Schuoler als «ein wichtiges und effizientes Mittel für die Eindämmung neuer Drogenumschlagplätze» etabliert.
Eine nationale Übersicht, in welchen Städten und Kantonen mit Scheinkäufen operiert wird, gibt es nicht. Ähnlich wie Zürich gehen aber zumindest Luzern und St. Gallen vor. Vor allem die Kantonspolizei St. Gallen setzt den Drogenhandel auf der Strasse einem konzertierten und grossflächigen Druck aus. Sie führt die Scheinkäufe unter dem Titel «Aktion Ameise» durch. Im letzten halben Jahr hat sich die Zahl der Zugriffe und Verhaftungen verdreifacht.