Verein oder nicht Verein
In einem zur BGE-Publikation vorgesehenen Urteil (BGer 6B_690/2008 vom 09.02.2009) heisst das Obergericht auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft ein freisprechendes Urteil auf und weist die Vorinstanz an, Folgendes zu prüfen:
2.4.2 Sollte sich ergeben, dass die inkriminierten Lottos nicht von Vereinen veranstaltet wurden oder dass in der Veranstaltung oder in der Werbung hierfür nicht erkennbar war, welche konkreten Vereine die Veranstalter waren, fallen die Lottos unter das bundesrechtliche Lotterieverbot gemäss Art. 1 LG und kommt daher eine Bestrafung des Beschwerdegegners wegen Durchführung (Art. 4 LG) einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie gemäss Art. 38 Abs. 1 LG in Betracht. Dies gilt auch, wenn der Beschwerdegegner, worauf einzelne Aktenstücke hindeuten, allenfalls “Sponsor” des Vereins B. war und in dieser Eigenschaft den Verein – möglicherweise aus Erträgen aus den von ihm durchgeführten Lotto-Veranstaltungen – finanziell unterstützte.2.4.3 Sollte sich hingegen ergeben, dass die inkriminierten Lottos von Vereinen veranstaltet wurden und in den Veranstaltungen sowie in der Werbung hierfür erkennbar war, welche konkreten Vereine die Veranstalter waren, fallen sie gemäss Art. 2 LG unter den Anwendungsbereich des kantonalen Rechts. Ob die nach dem massgebenden kantonalen Recht unzulässige Durchführung einer Lotterie strafbar ist, bestimmt sich ebenfalls nach dem kantonalen Recht. Art. 38 LG ist nicht anwendbar, da diese Bestimmung allein die Ausgabe oder Durchführung einer “durch dieses Gesetz” verbotenen Lotterie unter Strafe stellt. Die Kompetenz der Kantone zum Erlass von Strafbestimmungen betreffend die unzulässige Durchführung von Lotterien, die unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG fallen, ergibt sich aus Art. 335 StGB.
Wie konsequent in der Schweiz das Recht durchgesetzt wird, zeigt eine Feststellung aus dem Sachverhalt:
An der Veranstaltung vom 27. Mai 2006 waren zwei Polizeibeamte in Zivilkleidung anwesend, da der Verdacht auf Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten bestand.
Hände weg von Lotterien!
Publikationswürdig macht den Entscheid das Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung …
Somit ist in Bestätigung der Rechtsprechung daran festzuhalten, dass Lotto-Veranstaltungen, die von natürlichen oder juristischen Personen ohne besonderen Anlass, allein zum Zwecke des Gelderwerbs durchgeführt werden, nicht unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG fallen und daher gemäss Art. 1 LG bundesrechtlich verboten sind. Art. 2 LG erfasst zur Hauptsache, entsprechend der in BGE 106 IV 150 vertretenen Auffassung, Lotto-Veranstaltungen, die von Vereinen als gelegentliche Unterhaltungsanlässe zur Finanzierung von Vereinszwecken durchgeführt werden, darüber hinaus allenfalls Lotto-Veranstaltungen im Zusammenhang mit Familien- und Betriebsfesten und ähnlichem (E. 2.3.3).
… die noch präzisiert wird:
Präzisierend ist dazu Folgendes festzuhalten. Das Erfordernis, dass ein Verein Veranstalter sein muss, bedeutet, dass der Reinertrag dem Verein zustehen und dieser auch das Verlustrisiko tragen muss. In der Veranstaltung und in der allfälligen Werbung hierfür muss erkennbar sein, von welchem konkreten Verein die Lotterie veranstaltet wird. Dem Verein ist es allerdings unbenommen, zur Organisation und Durchführung der Lotterie einen Dritten als Fachmann beizuziehen, der für seine Tätigkeit vom Verein entschädigt wird. Die von einem Verein veranstaltete Lotterie fällt auch dann noch unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG und damit unter den Geltungsbereich des kantonalen Rechts, wenn der beigezogene Dritte gewerbs- beziehungsweise berufsmässig solche Lotterien für Vereine organisiert. Es bestimmt sich allein nach dem gestützt auf Art. 2 LG allenfalls erlassenen kantonalen Recht, ob im Falle des Beizugs eines gewerbsmässigen Lottiers die Veranstaltung unzulässig oder die hiefür erforderliche Bewilligung zu verweigern ist (siehe etwa Art. 12ter Abs. 1 lit. b der sankt-gallischen Vollzugsverordung vom 17. Februar 1951 zur Gesetzgebung über die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten; § 5 Abs. 1 lit. a der aargauischen Verordnung vom 27. September 1976 über Lotterien und gewerbsmässige Wetten, dazu BGE 103 Ia 360 E. 2). Die von einem Verein oder einer ähnlichen Organisation veranstaltete Lotterie fällt ferner auch dann unter den Anwendungsbereich von Art. 2 LG, wenn an der Veranstaltung auch beliebige Dritte als Spieler teilnehmen können, die weder zum Verein noch zu dessen Mitgliedern in einer Beziehung stehen (E. 2.3.4).