Verfahren in Abwesenheit der Rechtsmittelführerin?
Wenn in einem kontradiktorisch geführten Strafverfahren eine Partei nicht an der Gerichtsverhandlung teilnimmt, besteht die von vielen Richterinnen und Richtern anerkannte Gefahr, dass das Gericht unbewusst den Standpunkt der abwesenden Partei einnimmt (und “sich selbst” Recht gibt). Das Bundesgericht ist da zurückhaltender. In einem massnahmerechtlichen Nachverfahren hat es kürzlich wie folgt argumentiert (BGer 6B_722/2021 vom 29.09.2021, E. 3.4.1, Fünferbesetzung):
Das Bundesgericht hat in BGE 144 I 234 entschieden, dass das gesetzmässige Vorgehen des Gerichts bei der Beweisführung, wie es in der StPO auch in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft vorgesehen ist, nicht per se zur Befangenheit der betroffenen Richter führt. Das Gericht ist zur Beweisführung an der mündlichen Verhandlung unabhängig davon verpflichtet, ob die Staatsanwaltschaft anwesend ist oder nicht (BGE 144 I 234 E. 5.6 ff.). Im Übrigen begründet der Beschwerdeführer seine Rüge, Art. 29 BV und Art. 6 EMRK seien verletzt, nicht hinreichend (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG), insbesondere macht er weder geltend noch zeigt er anhand des konkreten Vorgehens der Vorinstanz anlässlich der Verhandlung auf, dass diese als parteilich erscheine, weil sie in Abwesenheit des Beschwerdegegners 2 dessen Rolle übernommen habe (vgl. BGE 144 I 234 E. 5.5).
Das Problem liegt u.a. in der unbewussten Einnahme des nicht vertretenen Parteistandpunkts. Das kann eine gesetzliche Pflicht zu Beweisabnahme gerade nicht verhindern. Stossend erscheint im vorliegenden Fall auch, dass die Rechtsmittelführerin von der Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung dispensiert wurde.
Da lobe ich mir die noch nicht derart degenerativ angenagte Maxime meines Standes, die da lautet: les absents ont toujours tort
Ich vermute einmal bei dem Angeklagten handelt es sich nicht um eine Person des öffentlichen Lebens, da wäre man als Stawa sicherlich noch schön zum Haarschneider gegangen und hätte sich die Nägel gerichtet.