Verfassungswidrige Ausforschung

Erneut hat das Bundesverfassungsgericht eine Durchsuchung als verfassungswidrig erklärt (BVerfG, 2 BvR 2030/04 vom 3.7.2006). Diesmal fand die unerlaubte „fishing expedition“ in einem Steuerstrafverfahren statt.

Zu den Voraussetzungen einer Durchsuchung hält das BVerfG folgendes fest:

Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (N 14).Eine Durchsuchung ist schließlich nur dann zulässig, wenn gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der in Frage stehenden Straftat erforderlich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende
Mittel zur Verfügung stehen (N 15).

Beide Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt:

Die Verdachtsgründe, die sich gegen den Beschwerdeführer richteten, reichten allenfalls sehr geringfügig über bloße Vermutungen und vage Anhaltspunkte hinaus. Es ist äußerst bedenklich, den Verdacht der Steuerhinterziehung allein darauf zu gründen, dass eine dem Verdächtigen nahe stehende Person zu seinen Gunsten über einen großen Geldbetrag verfügt, der nicht aus versteuertem Einkommen stammt ( N 18).

Und weiter:

Selbst wenn man voraussetzen wollte, dass allein der dem Beschwerdeführer vorteilhaften Geldzahlung an seine Ehefrau ein Verdacht der Steuerhinterziehung entnommen werden könnte, so war die angeordnete Durchsuchung doch jedenfalls deshalb unverhältnismäßig, weil zur Aufklärung der Herkunft des Geldes andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, die gar nicht oder weniger empfindlich in Grundrechte des Beschwerdeführers oder anderer Grundrechtsträger eingegriffen hätten […].Es mag für die Ermittlungsbehörden mühevoller sein, auf diese Weise durch Auskunftsersuchen und eventuell durch Zeugenvernehmungen die Hinweise auf ein strafbares Verhalten zu überprüfen; der hohe Wert der Integrität der Wohnung verlangt diese Mühewaltung jedoch, bevor ein empfindlicher Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG zulässig sein kann. Das Amtsgericht hätte deshalb nicht am selben Tage die Beschlagnahme von Bankunterlagen und die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers anordnen dürfen, sondern es hätte die Ermittlungsbehörden zunächst auf die Bankauskünfte verweisen müssen, um erst nach einer Bestätigung des Verdachts durch diese Ermittlungen einen Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 GG zu prüfen (N 20).

Nach diesen Masstäben gäbe es in der Schweiz wohl keine legale Hausdurchsuchung, was umso bedenklicher ist, als die Strafverfolger hierzulande die Durchsuchungen selbst anordnen können und als es gegen Durchsuchungen in der Regel keine Rechtsmittel geben soll.